Baukunst in Baden
  Durl. Brunnenhaus (33)
 

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Brunnenhaus in Durlach (Karlsruhe)   /   Friedrich Weinbrenner   /   1822-24

Ein Monolith! Wer erfahren möchte, welche Grundsätze der Gestaltung Friedrich Weinbrenner zumeist am Herzen lagen, der suche unbedingt das Brunnenhaus in Karlsruhe-Durlach auf. Dieses Gebäude, dessen einziger Zweck die Überdeckung einer Brunnenquelle, bot Weinbrenner die Möglichkeit weitgehend freier Gestaltung — so sehen wir Stilmittel zur Vollendung geführt, deren sonstige Anwendung ob verschiedener Sachzwänge nicht zu solcher Blüte gelangen konnten.
     Zuallererst springt die geheimnisvolle monolithische Wirkung ins Auge. Hierfür zeichnet sich vor allem die in Sandstein gehaltene Dachdeckung verantwortlich — große schwere Sandsteinplatten, deren Verwendung für diese Funktion ein beinahe Unerhörtes bedeutet. Da die Wände mit ihren Bauteilen auch aus Sandstein bestehen oder zumindest in dessen Farbe verputzt wurden, ergibt sich eine spannungsvoll changierende Monolith-Wirkung.
     Man betrachte die dorisierenden Pfeiler und Pilaster, oder besser deren Ausführung als kurze "Stümpfe". Unwillkürlich erklingen dabei die Worte des Vorgängers von Weinbrenner im Amte des Oberbaudirektors Jeremias Müller: "Der mittlere Eingang oder sogenannte Promenade mit seinen willkürlich abgestutzten dicken Säulen sieht eher lästig und drückend aus, und man sollte glauben, sie seien in den Boden gesunken, weil sie neun Teile von ihrer Proportion beraubt werden". Diese niederschmetternde Beschreibung galt dem von Weinbrenner in seinen Studienjahren in Rom gefertigten und alsbald in Karlsruhe zur Vorlage übersendeten Rathausentwurf von 1794. Glücklicherweise urteilten seinerzeit Markgraf Karl Friedrich und der am badischen Hofe einflussreiche Minister von Edelsheim mit mehr Weitblick — aber das wäre eine andere Geschichte. Immerhin lässt sich die Beschreibung zu unserem Zwecke gleichfalls trefflich auf das Brunnenhaus beziehen.
     Tatsächlich wirken die Pilaster entsprechend Müllers Ausführung: extrapoliert man die sichtbare Länge der Pilaster auf eine "vernünftige" Proportion, so erscheint das Gebäude um rund 10 Meter eingesunken. Addiert man im Geiste das archaische Auftreten des Monoliths, vermeint man einen Jahrhunderte — nein Jahrtausende — alten rätselhaften Weiheort vor Augen zu haben.

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Ein Tempel also und ausgeführt mit Dreiecksgiebel. Aber was macht Weinbrenner aus dem Giebel?  Er treibt  einen Bogen hinein, der diesen förmlich wegsprengt. Bautechnisch ging der Architekt zum äußersten und verwandelte den Giebel in eine Art Brücke, oder besser in einen Kraftstrom, der sich von Monumental-Pfeiler zu Monumental-Pfeiler ergießt.
     Die Tür dagegen ist nur etwas für Zwergwüchsige. Auch der im Vergleich zu heute kleinere Mensch des 19. Jahrhunderts konnte diese Tür nur gebückt passieren. Der gedrungene niedrige Eingang, als eine Forderung des Französischen Theoretikers und Lehrers von Ledoux, Jacques-Francois Blondel, als eine Idee der Revolutionsarchitektur, findet sich im Oeuvre Weinbrenners immer wieder. Ein niedriger Eingang lässt das dazu gehörende Gebäude umso höher und entsprechend größer erscheinen, beeinflusst also entscheidend die Gesamtwirkung. Über der Tür befindet sich der einzige Gebäudeschmuck: eine Verdachung, die abstrakt einen Giebel nachzeichnet, gehalten von zwei Rollwerk-Konsolen; gerade in Verbindung mit der kleinen Tür dankbar aufgenommen. Weiterer Öffnungen bedurfte das Brunnenhaus im übrigen nicht, auch optisch vermisst man sie in den nur von den Pilaster-Stümpfen gegliederten Fassaden nicht.
     Diesem Brunnenhaus, bei (entgegen der Wirkung) kleinem Gebäudevolumen, solche kraftvolle monumentale Wirkung einzuhauchen, die aber den Betrachter nirgendwo abstößt, offenbart die Intention und die Begabung des Friedrich Weinbrenner.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Website 
www.karlsruhe.de
3) Website SAAI Karlsruhe  
www.rz.uni-karlsruhe.de

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