Baukunst in Baden
  Käfertal Rathaus (46)
 

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Rathaus von (Mannheim-)Käfertal   /   Friedrich Dyckerhoff   /   1818-19

Dyckerhoffs Rathaus im Mannheimer Vorort Käfertal gefällt durch seine erhabene Ausstrahlung. Dessen ruhiges Wesen entsteht aus der einfachen und gut proportionierten Grundform: rechteckiger Baukörper (von Vor- und Rücksprüngen verschont) mit Giebeldach, dessen moderate Neigung im Gegensatz zur flachen Neigung ganz von selbst Spannung herausnimmt. Nicht minder wichtig zeigt sich die Symmetrie der beiden Giebel-Schauseiten, die innewohnende Ordnung leicht sichtbar machend.
     Die Hauptfassade, einem kleinen Vorplatz zugewendet, beherbergt den Eingang, welcher gesäumt wird von zwei kraftvollen Pilastern, einen Balken tragend, der im dem Rathaus gebührenden Repräsentationsbalkon mündet. Die Tür zu diesem besitzt eine fein profilierte Öffnungsrahmung und einen Balken auf Rollwerk-Konsolen. Diese gerade beschriebenen Elemente sind zu einer (deutlich) spürbaren vertikalen Einheit verbunden, die die Mitte der dreiachsigen Hauptfassade betont und mit ihrem Detailreichtum in feinem Kontrast zu den sie umgebenden ruhigen, kaum berührten Flächen steht. Die ergänzenden Fenster liegen in ihren Abschnitten jeweils mittig und tragen so dem wohlabgestimmten ruhigen Fassadenbild zu. Fehlt noch der die Fassade abschließende Dreiecksgiebel, der von nur dünnen Profilen Einfassung findet und vornehmlich aus großer weißer Fläche besteht — das lustige kleine Halbrundfenster in dessen Spitze setzt den die Langeweile vertreibenden Akzent.
     Auch die zweite Giebelseite vermag dem späteren unglücklichen Eingriff zum Trotze zu gefallen. Die Fassadenmitte wird von vier Pilastern, einen Gebälkstreifen tragend akzentuiert; die übrigen abwechslungsreichen Fensterformate beleben und sind überlegt platziert.

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Das Gebäude ruht in sich selbst — das liegt auch an der nur subtil wirkenden Horizontalen. Sicher, man sieht die üblichen Stilmittel: Sockelstreifen, Gesimsstreifen und umlaufender Dachrand, im Sockelgeschoss gar ein weiteres horizontales Band. Das wichtigste fehlt jedoch: die klare optische Scheidung von Sockelgeschoss und Piano Nobile durch unterschiedliche Oberflächenbehandlung. Statt zweier länglicher übereinander geschichteter Abschnitte hat man hier nur den einen und somit deutlich höheren Baukörper. Nicht, das dieser Umgang irgendwie unangebracht wäre — es soll lediglich dargelegt werden, warum das Rathaus einer ruhigen Wirkung und nicht der Im Weinbrenner-Stil so häufig anzutreffenden horizontal-spannungsreichen Wirkung unterliegt.
     Den optischen Gebäudeabschluss besorgt ein Dachreiter, welcher ganz mit Schieferplatten bekleidet. Einst waren sämtliche Dachflächen in selben Material gehalten. Diese Materialabstimmung ließ den Dachreiter, entgegen dem heutigen Bild, wiederum in Ruhe, homogen  aus dem Dach herauswachsen.
     Man erkennt, wie Dyckerhoff ganz bewusst auf elegante Erhabenheit zielte, dem weinbrennerschen Drang zur kraftvollen wuchtigen Komposition verinnerlichend, dessen horizontalen Anspruch aber aufkündigt.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Andreas Schenk "Architekturführer Mannheim", Verlag Reimer Berlin, Ausgabe 1999

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