Baukunst in Baden
  Laufenburg
 



Die feine Stadt Laufenburg am noch jungen Rhein zwischen Waldshut-Tiengen und Bad Säckingen zeigt eine der beachtlichsten badischen Kuriositäten, ja darf als solche sogar deutschlandweit Anerkennung beanspruchen. Nichts Geringeres findet man hier als eine genuin geteilte Stadt, säuberlich separiert vom schnell dahinfließenden Gewässer, separiert in einen deutschen und einen schweizerischen Anteil!
     Wohl findet man entlang der Grenzflüße unserer Republik, und hier sei wiederum vor allem des Rheines gedacht, mehrere Beispiele von Städten auf der einen und als Pendant größeren Ansiedlungen auf der anderen Uferseite. Nirgendwo sonst aber begreift man solches Zusammenwirken als einen einzigen Stadtkörper, sondern jeweils als ein Zwiefaches. Es ist das historisch gewachsene, über viele Jahrhunderte zu beiden Rheinufern gleichzeitig und in Abstimmung aufeinander gewachsene, das trotz der natürlichen Trennung des Flußes, der künstlichen Trennung der Nationengrenze, das das bestimmte Gefühl eines Stadtzusammenhangs erwirkt. Und in diesem Sinne erfährt man den an sonnigen Tagen türkis schimmernden Rhein als eine grandiose Bereicherung, als echte Attraktion der beiden Altstadtteile und nicht als Ländergrenze.

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1806 wurde der rechtsrheinische Teil Laufenburgs badisch, bereits seit 1801 war die Stadt durch die napoleonischen Umwälzungen zweigeteilt, der linksrheinsche Part an die Schweiz gefallen (1803 an den neugegründeten Kanton Aargau). Bis dato gehörte Laufenburg seit rund sechs Jahrhunderten mit größeren in die Eidgenossenschaft hineinreichenden Länderen zu Habsburg, namentlich nebst großer südbadischen Landmasse zu Vorderösterreich. Graf Rudof II. von Habsburg hatte den 1207 erstmals genannten Ort (bereits mit Rheinbrücke) zur befestigten Stadt ausgebaut.
  Zeitweilig fand man hier gar eine Residenz, unter Herrschaft der Grafen von Habsburg-Laufenburg, überdies einen bedeutenden Handels-, Verwaltungs- und Gerichtsplatz.
Als die Stadt zerteilt wurde, kam der deutlich kleinere Anteil an Baden, hatte zunächst auch gewisse Anlaufschwierigkeiten. Die linksrheinische als die größere Partie zählte fortan zur Schweiz.

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Beim historischen badischen Teil Laufenburgs muss man von einer "Kleinststadt" sprechen, einem urbanen Raum, der winziger nicht zu denken. Im Grunde besitzt Kleinlaufenburg, wie es sich von 1805 bis 1930 nannte, nur eine einzige Straße, nicht eine handvoll kurzer Gassen. Nichtsdestototz ist dieser Stadtraum von historisch-urbaner Dichte sehr schön anzuschauen, malerisch, romantisch.
     Eine durchgängig historische Bebbaung haucht der sanft geschwungenen Hauptstraße ihr Flair ein. Ganz im Osten steht der mächtige Block des Rathaus von 1526, das heute gleichzeitig als imposantes Stadttor fungiert. Ein klasszistischer Umbau hat die originalen Fassaden-Details weitgehend getilgt.
     An der Kreuzung Hauptstraße und Haldenweg ergibt sich eine reizvolle Platzaufweitung, welche akzentuiert von einem alten Brunnen.
     Und über allem thront die katholische Heilig-Geist-Pfarrkirche, ein historistisch-neugotischer Bau der Jahre 1883-84. Das ansehnliche Gotteshaus aus rotem Sandstein ersetzte, und dies ist zweifellos ein Wermutstropfen, einen aus heutiger Sicht wertvolleren romanischen Vorgänger, der erstmals 1324 gennant wurde.

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Der sehr malerische badische Teil Laufenburgs bleibt nichtsdestotrotz an Schönheit hinter dem schweizerischen zurück. Das liegt zum einen, wie bereits eingeführt, an der Quantität; man ist schlicht deutlich kleiner. Zum anderen jedoch auch am Umgang mit dem (spät-)mittelalterlichen Erbe; und hier ist zuvörderst den Gotteshäusern und den Bauwerken der Befestigung gedacht, weniger den Stadthäuserm. Wo die Schweizer ihre romanisch-gotisch-barocke Kirche beließen, ersetzten die Badener ihre romanische durch eine historistisch-gotische, die an Wert weit zurück bleiben muss. Und wo letztere die Befestigung konsequent schliffen, da hielten erstere gleich zwei Türme und vor allem ein treffliches Stadttor in baulicher Existenz.
     Aber freilich, und hier sind wir wieder am entscheidenden Punkt, ungeachtet der Ländergrenze wird Laufenburg als eine einzige Stadt wahrgenommen: mit einem schönen badischen Anteil und einem noch schöneren schweizerischen.

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Nicht geringe Freude bietet das Flanieren durch die pittoreske Hauptstraße. Ein Vergnügen allerdings, das nur deshalb nicht als entschieden zu kurz bewertet, weil es sich auf der schweizerischen Seite noch deutlich verlängern lässt.
     Das schönste Stadthaus des badischen Teils findet man indes am Platz der Kreuzung Hauptstraße und Haldenweg. Das oberste Stcokwerk zeigt das in beiden Stadtteilen sehr seltene Fachwerk, kunstvoll geschwungen. Nicht minder ansehnlich die noch in spätgotischer Tradition stehenden Fensterrahmungen darunter, welche aber erst gegen 1665 (Inschrift am unteren Rahmen) eingebaut wurden.
     Beide historischen Stadtkirchen sind katholisch, die Heilig-Geist-Kirche auf badischem, Sankt Johann auf schweizer Grund. Beide stehen majestätisch erhöht in ihren Stadtteilen, führen darüber ganz automatisch eine reizvolle Zwiesprache miteinander. Kostbarer ist Sankt Johann, welche im Gegensatz zur historistisch nacheifernden Heilig-Geist-Kirche echte Baustile vor Augen führt. Die dreischiffige Basilika mit großem Chor und schlankem seitlichem Campanile wurde als Nachfolgebau 1450 spätgotisch erbaut. 1591-93 kam auch der Turm als Neubau hinzu, welcher 1653 seine schöne barocke (spanische) Haube erhielt. 1750-53 kam es vor allem für das Innenleben zu einer eingreifenden Barockisierung, die nach außen durch Veränderung der Fenster der drei Schiffe bemerkbar ward.

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Dem Rhein,und die auf den Fluss reagierende Bebauung bedeutet an beiden Ufern die schönsten Prospekte der Laufenburgs. Länger der schweizer Abschnitt, der reizvoll auch dem Knick des Stromes folgt. Für den deutschen Abschnitt gilt, dass diese Ansicht der hohen Stadthäuser, gekrönt von der Heilig-Geist-Kirche unter die ansehnlichsten Stadtprospekte ganz Badens gerechnet werden darf.
     Die zum Teil sehr schmalen Stadthäuser besitzen bis zum Spätmittelalter zurückreichende Substanz. Dies gilt jedoch vor allem für die Mauern. Die dieselben erst veredelnden Öffnungsrahmungen verweisen in aller Regel auf das 18. bis 20. Jahrhundert. Während die Stadtseiten der Häuser zumeist drei bis vier Stockwerke, also moderate Höhe zeigen, reichen die Flußsseiten durch Gründungsmauern noch etliche Meter tiefer hinab, was endlich monumentale Ansichten: hohe schmale Häuser zeugt.
     Diese Ansicht war bis ins 20. Jahrhundert, und wie uns vor allem einmal mehr der Kupferstich Matthäus Merians offenbart, noch um einiges beeindruckender. Ein Stauwehr in nächster Nähe stromabwärts hat den Flusspegel zur Schiffbarmachung um zahlreiche Meter angehoben. Einst saßen die Flußhäuser sichtbar auf hohen und steilen Felsen, welche heute nur noch wenige Meter über dem Wasser. Einst rauschte der Rhein hier durch Stromschnellen deutlich schneller und unter nicht geringem Getöse. Heute dagegen fließt der Fluß zwar noch schnell, hat aber das herbe Gepräge vergangener Jahrhunderte gegen eine entschieden ruhigere Stimmung vertauscht. Obgleich also der heutige Zustand ohne weiteres von großer Ansehnlichkeit, so mag man dennoch den früheren, den härteren und spannungvolleren Verhältnissen nachtrauern.

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Die schweizerische Partie Laufenburgs steht auf einer vom hier abknickenden Rhein gebildeten Halbinsel. Aus der lebendigen Schar der alten Stadthäuser schauen insbesondere die weiß leuchtende Kirche von Sankt Johann und der auf dem fast höchsten Punkt der Altstadt erbaute Bergfried heraus. Letzterer zählte zu einem (spät-)mittelalterlichen Schloss, das vermutlich bereits im 30jährigen Krieg Schaden davontrug, anschließend mehr und mehr verfiel, weil von keinem besonderen fortifiktorischen Nutzen mehr. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam die ruinöse Veste an die Stadt, welche sie dann leider konsequent als Steinbruch nutzte, alleine den um 1200 erbauten Bergfied stehen ließ.
     Einen vorzüglichen Ausblick auf den badischen Teil Laufenburgs und auf Sankt Johann gewinnt man von der einst vom Schloss besetzten Kuppe. Am schönsten jedoch der Standort, den schon Merain für seinen Stich nutzte, westlich der Altstadt vom steil und hoch aufragenden Ufer, am Knickpunkt des Rheines, wo man einen vollständigen Überblick auf beide Teile Laufenburgs gewinnt.

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Neben Sankt Johann und dem Bergfried gefallen als weitere Höhepunkte drei Türme der alten Befestigung. Am schönsten darunter das sehr schön am Altstadtkörper stehende Stadttor "Wasenturm", 1270 erbaut, 1581 zur heutigen Ansicht umgestaltet.
     In den Straßen und Gassen des schweizer Bereichs findet man außerdem eine Vielzahl ansehnlicher bis sehr ansehnlicher Stadthäuser in den Stilen der Spätgotik/Renaissance, des Barock und des Klassizismus. Die in aller Regel verputzten und abwechslungsreich eingefärbten Gebäude entwerfen wie schon im badischen Teil ein lebendiges und heiteres Bild, das zum Verweilen einlädt.


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