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Die Klosterinsel Reichenau stellt neben dem Heidelberger Schloss nebst seiner Altstadt und dem Freiburger Münster das baukünstlerisch wertvollste Zeugnis badischer Lande. Das Eiland im Bodensee mit seinen drei romanischen Kirchen gilt als eine Keimzelle deutscher Romanik; in diesem Sinne wurde gleich die gesamte Insel im Jahre 2000 zum UNSCO-Weltkulturerbe ernannt, was bislang einzig in Baden, darüber ganz von selbst Bedeutung verkündet!
Über einen schmalen Damm, durch zwei Pappelreihen zur Allee veredelt, betritt man die kostbare Insel. Man wird zuerst von der Ruine Schopflen empfang, und sogleich vor allem von Sankt Georg in Oberzell. Bald folgt Mittelzell mit der schönsten der drei Kirchen, dem Münster Sankt Maria und Markus mit seinem wuchtigen Turm und dem beigeordneten Klosterareal. Endlich trifft man kurze Zeit später die Doppelturmkirche Sankt Peter und Paul am anderen Zipfel der Insel, in Niederzell.
Neben anderen ansehnlichen Baulichkeiten sind es vor allem diese drei Gotteshäuser, die der Insel ihren prägnanten Charakter gewinnen. Obwohl die klösterlichen Hochzeiten seit vielen Jahrhunderten vorbei, atmet dieser wasserumspülte Flecken immer noch seinen mittelalterlichen Atem als Klosterinsel. Eine Klosterinsel in Deutschland? Mag man darüber die Bedeutung fassen, die UNESCO-Weihen, die die badische Insel zu einem deutschen Ereignis küren, am leichtesten nachvollziehen.
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Die drei romanischen Kirchen und auch das Renaissance-Kloster am Münster, ja selbst die drei Schlösser der Reichenau strahlen Ruhe und Erhabenheit aus, ferne aller gestalterischen Lautmalerei. Dem Aussehen der drei klar im Vordergrund stehenden Gotteshäuser konstatiert man Ernsthaftigkeit und ruhevolle Schönheit; und vielleicht liegt es an der wie selbstverständlich wirkenden Einfachheit, gleich echter Aufrichtigkeit, dass nicht der ansonsten drohende Eindruck von Strenge und Abweisung aufkommt. Man gewahrt eine wohltuende Natürlichkeit, die freilich in Verbindung mit der schönen, ihrerseits aber auch Ruhe und Gelassenheit ausstrahlenden Landschaft, die gelungenste Verbindung, ja fast eine Symbiose eingeht.
Die aufwendigste romanische Außenpartie zeigt der stämmige Turm von Sankt Maria und Markus, die nichtsdestotrotz im Rahmen von (nicht ärmlicher!) Bescheidenheit verbleibt. Zuvörderst diesem Campanile ist es zu verdanken, dass das Münster die schönste romanische Architekur ganz Badens bedeutet. Auch deutschlandweit darf sich das treffliche Gebäu unter den Vorzeigeexempeln wähnen, wenngleich aufgrund der beschriebenen Einfachheit denn doch keine geringe Anzahl vor unserem Münster zu nennen ist.
Es ist, wie schon eingeführt, erst die höchst beachtliche Ensemble-Wirkung der drei Kirchen, die die Reichenau zu einem romanischen Architekturort ersten Ranges machen; und eben den begehrten UNESCO-Titel einheimste. In Verbindung mit der Landschaft des Bodensees und auch dank Ergänzung durch die weiteren oben genannten Bauwerke, vollendet die Reichenau ihre Anziehungskraft. Ein höchst eigentümlicher wie erbauender Odem wirkt hier.
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Drei kleine ansehnliche Schösser des späten Mittelalters ergänzen die kirchliche Hauptattraktion glücklich adäquat. Die drei Paläste halten sich zurück, trumpfen gestalterisch nicht auf., d.h. sie bilden eine echte Ergänzung und keine etwaige Konkurrenz, die den Charakter der Insel als Klosterinsel unterminieren könnten.
Direkt am Münster findet man die "Kanzlei Bischof Fuggers". Das um 1900 historisierend umgestaltete und um einen Zwillingsbau ergänzte Gebäude rührt aus spätmittelalterlichen Tagen, möglicherweise aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Um- und teilweise Neubauten fanden 1530 und 1616 statt; letzterer fand unter genanntem Bischof von Konstanz statt; daher der bis heute gängige Name.
In Nachbarschaft von Sankt Peter und Paul steht "s' Bürgle", gleichfalls ein Treppengiebelbau, und ebenso aus dem späten Mittelalter stammend. Der heitere Bau steht direkt im letzten Zipel der Nordwestecke der Reichenau.
Schloss Königsegg behauptet sich als einziges der drei ohne direkte kirchliche Nachbarschaft, zu besichtigen in der Mitte der langen Inselsüdseite. Der spätmittelalterliche Ministerialensitz der Abtei ist ein Neubau der Reichsgrafen von Königsegg (16. Jahrhundert). Ein Jahrhundert später erfolgte ein Umbau für die Augustiner Chorherren von Beuron (an der oberen Donau). Um 1840 fand eine historistische Teilumgestaltung statt, welche das Schloss zumindest teilweise ums seine Simplizität brachte.
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Sankt Georg ganz im Osten der Insel ist das eigentliche "Empfangsgebäude". Man gewahrt zwar zuerst die Burgruine Schopfeln; wird aber sogleich von Sankt Georg mit Macht angezogen. Frühe Romanik tritt uns entgegen, ganz im Stil der ruhevollen Romanik das Gotteshaus sauber in einzelne Baukörper aufteilend, die wie einfach zusammengeschoben das erhabene Gesamtbild zeugen.
Die jetzige Pfarr-, einstige Stiftskirche zeigt eine dreischiffige Pfeilerbasilka mit massigem Vierungsturm, schmalen und hohem Chor, und eine zweistöckige Eingangshalle (mit Michaelskapelle im Obergeschoss). Langhaus und Turm, sowie die Westapsis mit Portal entstanden im 10. und 11. Jahrhundert, wobei die östlichen Teile im 14. Jahrhundert gotisiert, allerdings wenig auffällig gotisiert wurden. Die den Außenbau reizvoll verlängernde Vorhalle kamm im 12. Jahrhundert hinzu.
Der außen einfach gehaltene Putzbau hält sich auch bei den Details, die sich auf die Öffnungen konzentrieren, merklich zurück, jedoch nicht ohne eine ganze Reihe wertvoller Einzelheiten bis heute überliefert zu haben. Jene Einfachheit rührt aus der frühen Entstehungszeit, die bei kleinen Kirchen in aller Regel nicht aufwendiger baute, und der erfreulichen Schonung der ja noch vielen und reicher ausstaffierenden Folgejahrhunderte.
Den großen Effekt des Außenbaus macht das Spiel der vielen klar definierten Baukörper aus. Und tritt man näher, so hat man seine Freude an wertvollen romanischen, zum Teil gotischen Details.
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Das unangefochten schönste Bauwerk der Insel ist das Münster Sankt Maria und Markus, zumal in der Zusammenschau mit der direkt anschließenden Klosteranlage. Das Münster ist das schönste romanische Exempel Badens; und auch als ehemalige Benediktinierabtei darf die Anlage zu den schönsten badischen Beispielen zählen (gleichwertig mit Bronnbach/Wertheim, Sankt Blasien/Schwarzwald und Salem/Bodensee).
Schon im Jahre 724 fand sich an dieser Stelle die erste Kirche. Das älteste Erhaltene, gewahrt man jedoch an der Ostvierung und Teilen des Ostquerhauses, welche 816 geweiht wurden. Das Westquerhaus, der beeindruckend kraftvolle Turm der Vorderseite und der Markuschor erhielten ihre Weihe 1048. Das dreischiffige Langhaus stammt aus dem 12. Jahrhundert. Und der gotische "Eindringling" des hohen Chores ganz im Osten ist ein schönes Beispiel spätgotischen Wirkens der Jahre 1447-77 (die heute noch gültige Wölbung kam allerdings erst 1550-55).
Ähnlich wie bei Sankt Georg zeigen die zahlreichen verschiedenen Fassaden mit Ausnahme des Turmes und des gotischen Chores verputzte Oberfläche und einfache Detailhandhabung, wiederum der frühen Entstehungszeit und der Schonung der Folgejahrhunderte (einzige Ausnahme der gotische Chor) zu danken.
Die drei Konventflügel, schließen auf der langen Südseite direkt an das Münster, bilden mit diesem als viertem Flügel einen nicht allzu engen und sehr schönen Klosterhof aus. Dieser Klosterteil wurde im frühen 17. Jahrhundert durch den schon eingeführten Konstanzer Bischof Jakob Fugger neu errichtet. Der zeitgemäße Renaissance-Stil trat seinerseits unaufgeregt ans Licht, weshalb Münster und Kloster so homogen zusammengehen. Zahlreiche originale Details, vor allem bei den Öffnungsrahmen, blieben erhalten; und als besonderer Höhepunkt dürfen die beiden runden Treppenhäuser des Innenhofs gelten. Ganz im Geiste der Renaissance wurden sie reizvoll als eigene Baukörper betont.
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Sankt Peter und Paul erhebt ganz im Nordwesten der Reichenau, wie die beiden anderen Gotteshäuser in unmittelbarer Nähe zum Inselufer. Man erblickt eine dreischiffige Säulenbasilika mit Vorhalle und einer Doppelturm-Anlage im Osten. Letztere nimmt den außen gerade abgeschlossenen, nach innen aber apsidialen Chor in die Mitte.
Während die Türme und der Cor noch mittelalterlich herb erscheinen, ist das Langhaus samt Vorhalle heiter verputzt, gezeichnet von einer barocken Umgestaltung. Sankt Peter und Paul steht in schöner Ensemblewirkung mit einem kleinen Museumsbau und dem barocken Niederzeller Pfarrhaus (erbaut 1732).
Die Kirche ist eine Gründung des Bischofs Egino von Verona, ein Verwandter der Königin Hildegard, welche Gemahlin Karls des Großen war. 802 verstarb Egino und liegt noch heute hier begraben (im Chor). Die Basilika ist allerdings ein Werk des frühen 12. Jahrhunderts, nachdem nämlich die Vorgängerkirche nebst Konventgebäuden im späten 11. Jahrhundert zum zweiten und endgültigen Male niederbrannte.
Die barocke Umgestaltung brachte nicht nur eine neue Farbgebung, sie vergrößerte auch einen Großteil der Haupt- und Seitenschiff-Fenster. Nichtsdestotrotz findet man die schönste Außenarchitektur in der Doppelturm-Anlage; besonders gefällig die säulengestützten Zwillingsschallöffnungen der Türme, welche sich an allen vier Turmseiten finden; außerdem die große gotische Spitzbogenöffnung des Chores. Auch die Schallöffnungen neigen sich an der Wende Romanik zur Gotik schon dem Spitzbogen zu, jedoch noch nicht in der Klarheit der Choröffnung.
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Die Hochwart auf dem höchsten Punkt der Insel ist ein süßer kleiner Barockbau mit Dachreiter. Auch er bedeutet eine Sehenswürdigkeit, umso mehr als sich von diesem formidable Aussichten ergeben.
Man gewahrt die schöne umgebende Landschaft: den Bodensee (hier aufgeteilt in Gnadensee im Norden, Zeller See im Westen und Untersee im Süden), und die Uferregionen, welche im Norden (Bodanrück) und Westen badisch, nach Süden schweizerisch; bei klaren Luftverhältnissen lugen überdies die Alpen von Süden in den Prospekt.
Natürlich gewinnt man auch einen trefflichen Überblick der Insel: im Oesten sieht man die Damm-Allee und Sankt Georg, im Norden das Münster mit Kloster und im Westen die Doppelturmanlage von Sankt Peter und Paul.
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Der durch seine kunstfertige Schlichtheit beeindruckende Innenraum von Sankt Georg stellt Ruhe und Erhabenheit der Frühromanik zur Anschauung. Nach Durchschreiten der Vorhalle betritt man das dreischiffige Langhaus, hat sein Gefallen an den zwei Säulenreihen, die die beiden Längswände des Langhauses abtragen, zwischen Hauptschifff und Seitenschiffen vermittelnd.
Nach vorne fließt der Raum über eine Treppe in die Höhe, durch einen hohen Triumpfbogen in den Chor und zum Hochaltar. Der nach vorne und zu den Seiten gezogene Blick wird die rückwärtige hohe Apsis zunächst überhaupt nicht bemerken; gleichwohl man durch dieselbe das Langhaus erst betritt. Rechts und links der Treppe zum Chor sind die Eingänge zur allerdings nicht betretbaren, wertvollen Krypta.
Was Sankt Georg aber zum einem Kunstort ersten Ranges kürt, sind die Malereien im Langhaus, namentlich die erhaltenen des 10. Jahrhunderts. Nirgendwo sonst findet man solche erhaltene Mengen der Wandmalerei der ottonischen Epoche. Die vor allem für ihre Buchmalerei berühmten Mönche haben hier ein auf Architektur angewandtes Zeugnis hinterlassen, das an Bedeutung kaum überschätzt werden kann; wahrlich ein Weltkulturerbe.
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die Fortsetzung erfolgt auf der nächsten Unterseite Reichenau (Insel) '2'
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