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Der Hilzinger Ortsteil Riedheim liegt so nahe zu Schaffhausen, dass er erst im letzten Moment nicht schweizerisch. Und das ist für Baden ein enormer Gewinn, denn die hiesige Burg, auch Burgstall genannt, zeigt nichts weniger als den schönsten erhaltenen Wohnturm des Mittelalters in Baden! Die Bedeutung wird nicht geschmälert, dass man sich den Titel mit dem Wohnturm der alten Markdorfer Stadtburg teilen muss. Der schönste mittelalterliche Wohnturm Süddeutschlands, an welchen die badischen Superlativen nicht ganz heranreichen, steht im übrigen im oberbayrischen Haag.
Burg und Gemeinde liegen im westlichen Hegau, einst Teil Vorderösterreichs, heute im Landkreis Konstanz zu finden. Nicht ferne vom Rhein, liegt also auch der Bodensee in der Nähe; außerdem bewachen die erloschenen Hegau-Vulkane, deren Spitzen so gerne als Ausgangspunkt mittelalterlicher Burggründungen genutzt. Wie anders dagegen unser Burgstall: eine "saubere" Tiefburg, einst von einem Graben umgeben, von einem vielleicht wasserbefülltem Graben, der den Burgstall dann zum Wasserschloss erhob hätte.
Im Bild die Süd- und Westseite. Der mächtige gotische Wohnturm wird noch ganz von einer Ringmauer, einer freilich gekürzten Wehrmauer umgeben. Fast alle Ansehnlichkeit konzentriert sich auf den trefflichen Turm. Alles andere leistet ihm feine Ergänzung, wäre jedoch ohne diesen nicht im Stande einer Sehenswürdigkeit.
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Der wunderbar stattliche Turm herber mittelalterlicher Monumentalität aus drei verschiedenen Perspektiven: links die westliche Querseite, zusammen mit dem Burgtor von 1550, einem schönen Renaissance-Rundbogendurchgang - in der Mitte die südliche und rechts die nördliche Längsseite. Reizvoll steigt der gewaltige Turm hinter der Ringmauer in die Höhe; und welch' Veredelung durch die kleinen Spitzbogen-Fenster, die einzeln, in Zwillings- oder Bandformation die tiefen Mauern durchstoßen, gefasst von wertvollen Sandsteingewänden; wie in diesem Zusammenhang auch die beiden Staffelgiebel nach Osten und Westen Lob verdienen.
1841 erwarb die Gemeinde den Burgstall aus dem persönlichen Besitz der großherzoglich-badischen Familie. Man wollte die Wirtschaftsgebäude nutzen, hatte jedoch keinen Bedarf am Wohnturm, den man im seinerzeit üblichen Nichtbegriff für den Wert von Historischem einfach abreißen wollte! Zu unserem großen Glück untersagte dies der badische Staat, wo das Verständnis für den Erhalt baulicher Zeugnisse der Vergangenheit langsam am Entstehen war.
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Weitere Randdaten mögen dem Geschichtsinteresse des Lesers weiterhelfen. Über Entstehungszeit und Erbauer liegt leider nichts gesichertes vor; wohl zwischen 1050 und 1070 entstanden, waren vielleicht die Grafen von Nellenburg die Gründer. Die Herren von Riedheim werden jedenfalls 1091/um 1100 als Dienstleute genannter Grafen verzeichnet. Ab dem 13., spätestens dem 14. Jahrhundert waren es dann die Herren von Randegg (Schloss Randegg liegt ganz in der Nähe), die die Ortsherrschaft ausübten. Im Schweizerkrieg, dem vergeblichen Griff der Eidgenossen nach dem Südschwarzwald, soll der Burgstall 1499 Schaden genommen haben. An eine lokale Prominenz, den Hans von Schellenberg kam die Veste 1518. Verstrickt in den großen Bauernkrieg, versammelte er die Bauernschaft und Bewohner des Ortes hinter sich. Weit größere Prominenz jedoch 1621, da Erzherzog Leopold von Österreich Burg nebst Ortschaft und Gerichtsbarkeit erwarb; all dies verkaufte Kaiser Karl VI. dann 1735 an das nahe Kloster Petershausen (Konstanz). 1803, im Zuge der großen badischen Landnahme von Napoleons Gnaden, kam der Burgstall in den Besitz des badischen Hofes.
Links oben die Nordseite, die ein Rundbogentor als Eingang in den Wirtschaftsbau der Ostseite zeigt. Darunter ein Fassadenausschnitt des obersten Stockwerks von Nord- und Ostseite, die edlen gotischen Fenster präsentierend. Und rechts die Nord- unter Ergänzung der Westseite mit dem Zugang des Burghofes. Die Ummauerung beschreibt ein Rechteck mit den Maßen 27 auf 38 Metern. Ungefähr zentral freistehend darin der Wohnturm, der bei einer Grundfläche von 8,70 x 12,35 Metern die stolze Höhe von 23,80 Metern erreicht. Solcher Höhe wollte man nur mit einer Mauerstärke bis zu 1,20 Metern trauen; wenngleich diese Grundmauern noch nicht für die letzte, aktuelle Höhe, welche durch spätere Aufstockung entstand, vorgesehen.
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Der monumentale Turm erhielt sein oberstes Geschoss nämlich erst um 1500, während die unteren vier Stockwerke über einem Gewölbekeller schon in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden. Man kann dies auch daran nachvollziehen, dass genannte Etage im Gegensatz zum Unterbau nicht über die um 1500 nicht mehr zeitgemäße markante Eckquaderung aus Buckelblöcken verfügt. Der ursprüngliche Eingang liegt, um es Invasoren nicht zu leicht zu machen, wie im Mittelalter auch bei den Bergfrieden üblich in luftiger Höhe, bei 4,50 Metern auf der Südseite.
Der Autor jedenfalls wollte sich am mächtigen gotischen Gebäu nicht satt sehen. Die Abbildung links zeigt die Nord- und Westseite, die mittlere die Ostansicht. Und dann präsentiert das kleine Riedheim noch zwei weitere Treppengiebel, obendrein in der Nähe des Burgstalls, wo die historische Ortskirche gleichfalls einen gotischen, dabei ungleich schlankeren Turm zeigt (Foto rechts). Ein effektvoller Gegensatz erbaut sich zwischen den so gegensätzlichen Proportionen! Gleich einem i-Tüpfelchen für die ausgemachte Sehenswürdigkeit des Burgstall-Wohnturmes!
Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Wikipedia-Artikel Burg Riedheim
4) Informationstafeln
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