Baukunst in Baden
  Freudenberg
 


Es ist die Verbindung von gefälliger Altstadt und spektakulärer Burganlage, die als Freudenberg dem alten Baden ganz im Norden nochmals eine bedeutende Sehenswürdigkeit schenkt. Situiert an der Nordgrenze (Nachbar ist hier Bayern), liegen Städtchen und Veste fast zwangsläufig direkt am Main. Am Main, einige Kilometer flussaufwärts liegt auch das formidable Wertheim [Link]. An dessen Schönheit, eine der größten Badens, vermag unser Freudenberg nicht heranzureichen. Nichtsdestotrotz ist Freudenberg zusammen mit Wertheim bedeutende badische Bauhistorie am Main.
Die Altstadt liegt auf einer schmalen Ebene zwischen Fluss und alsbald steil aufragender Talwand, was die ummauerte Stadt schon historisch in die Länge ziehen musste. Oben blickt man auf die südwestliche Querseite und die nordwestliche Längsseite, der hier erfreulicherweise noch in den mittelalterlichen Grenzen befindlichen Stadt. Zahlreiche, z.T. auch längere Strecken der Stadtmauer haben sich erhalten, welcher die Stadthäuser an diesen Stellen reizvoll aufsitzen.
Vor der Säkularisation, der badischen Landnahme im frühen 19. Jahrhundert, gehörte Freudenberg zum Hochstift Würzburg. Heute ist man nordwestlicher Zipfel des Main-Tauber-Kreises. Der Ort wurde 1159 erstmals urkundlich gesichert und durfte spätestens seit 1287 auf Stadtrechte verweisen. 

1


_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_


Prunkstück Freudenbergs ist die gleichnamige Burg, die etliche Höhenmeter über Main und Stadt thront. Sie zählt zu den schönsten Burgruinen ganz Badens!
Die Ende des 12. Jahrhunderts, also noch in romanischen Tagen unter dem Würzburger Bischof Heinrich III. begonnene Burg wurde dergestalt sukzessive ausgebaut und erweitert, dass die Ruine noch heutigentags durch Weitläufigkeit beeindruckt. Eine Weitläufigkeit, die auch vor der Stadt zu Füssen nicht halt machte, sondern dieselbe durch ungemein lange Mauern mit sich selbst verband. Reizvoll, dass diese gestreckten Mauern zwar nicht mehr ihre Höhe, dafür aber ihre Durchgängigkeit bis auf wenige Unterbrechungen behalten durfte: der fortifikatorische Zusammenhang von Burg und Stadt ist noch bestens nachvollziehbar, keine geringe Seltenheit!
Und dies alles wird sogar noch überboten! Überboten nämlich vom höchst bemerkenswerten Bergfried. Er ist, nach oben sich verjüngend, dreistufig pyramidal angelegt – solche Gestalt trifft man in Süddeutschland kein zweites Mal!

2


_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_


Die Altstadt selbst gefällt durch dreierlei. Zum einen durch die schon angesprochene Stadtmauer, über weite Strecken noch um den Altstadtkörper und hoch zu Burg führend. Zum anderen durch drei besonders nennenswerte Bauwerke: barockes Amtshaus, das Fachwerk-Rathaus und die historische, wiederum barocke Stadtkirche St. Laurentius. Die drei Bauwerke stehen dicht beisammen, was die Einzelbedeutung um treffliche Ensemble-Wirkung ergänzt. Und drittens sind die Fachwerkbauten, die in nicht geringer Zahl zu sehen, der Besichtigung wert.
Die linke Abbildung zeigt das monumentale Amtshaus (linke Seite) und das stattliche Rathaus (rechts) und dazwischen eines der bereichernden Fachwerkhäuser.
Rechts sieht man durch eine Lücke der Stadtmauer direkt auf eines der schönsten, weil schmuckreichsten Fachwerkhäuser. Links davon erbaut sich das Langhaus der Kirche, und darüber geht die Stadtmauer ihres Weges empor zur Burg.

3


_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_

_

Viel Aufmerksamkeit verdient das Rathaus, das über älterem, gotischem Sockelgeschoss Renaissance-Fachwerk des Jahres 1605 präsentiert (linkes Bild). Der Giebel mit unzähligen manieristisch gebogenen Verstrebungen zeigt zur Hauptstraße. Zahlreich auch der Einsatz des Fachwerk-Gebildes "Wilder Mann", "Arme" und "Beine" von sich streckend. Das Rathaus zählt zu den schönsten Fachwerkhäusern in Baden.
Rechts oben Blick durch die lange Hauptstraße, unangefochtene Hauptachse der Altstadt, dieselbe parallel zum Main halbierend. Noch mehrere Fachwerk-Häuser veredeln die Straßenansicht, und rechts blickt der Turm der alten Stadtkirche mit drein.
Rechts unten wiederum die Pfarrkirche, ergänzt um das Langhaus-Dach und vor allem unter Einbezug des Maines, der Freudenberg als Fluss-Stadt prägt. Die Gesamtschau Stadt-Fluss kann auf dem Wege zur Burg bestens gewahrt werden, wie überhaupt der Blick in das vom Main ausgespülte Tal von hohem landschaftlichem Reiz.

4


_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_


Ansehnliche bis sehr ansehnliche Fachwerkhäuser säumen insbesondere die Hauptstraße. Die Gebäude stammen aus verschiedenen Epochen ohne jedoch über das 16. Jahrhundert hinaus noch tiefer in der Vergangenheit zu wurzeln. So weit nördlich in Baden, im fränkischen Baden kann man hier entsprechend den fränkischen Fachwerkstil bewundern. Alemannische Züge sind nur selten zu sehen.
Das große Fachwerkhaus links zeigt einige Schmuckausfachungen, außerdem mehrfach die Formation "Der Mann".
In der Mitte ein schmaler Vertreter, der aber auf schmuckvolle Verstrebungen keineswegs verzichten will; außerdem durch eine Heiligen-Statue und das frühklassizistische Sockelstockwerk (Ende 18. Jahrhundert), edel aus rotem Sandstein verfertigt, gefällt.
Der zweigeschossige Massivsockel des rechten Fachwerkhauses zieht das Auge durch wertvolle Renaissance-Öffnungsrahmungen an (spätes 16./ frühes 17. Jahrhundert). Hier zeigt das Fachwerk wiederum die Formation "Der Mann".
Noch ganz mittelalterlicher Gesinnung ist die Gebäudeausrichtung: entlang der Hauptstraße halten die Gebäude in der Regel den Giebel nach vorne. Diese Giebelständigkeit wird in ihrer mittelalterlichen Wirkung durch hohe, spitze Giebel unterstützt.

5


_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_

_

Links Blick durch die Hauptstraße auf die nordwestliche Straßenseite, wo auch die drei Hauptsehenswürdigkeiten Kirche, Rathaus, Amtshaus stehen. Der schlanke Kirchturm schiebt sich in den reizenden Fachwerk-Prospekt, mit glatter Putzfassade zur Holzkonstruktion der Nachbarn schön kontrastierend. Auch das nach oben immer weiter auskragende Rathaus tritt obendrein mit einem Dachreiter auffällig nach vorne.
Die Barock-Baukunst hat in Freudenberg zwei wichtige Zeugnisse hinterlassen. Neben der Kirche macht das imposante Amtshaus durch das hier bereits ansteigende Gelände umso entschiedener auf sich aufmerksam (rechtes Bild). Das dreistöckige Gebäude wurde interessanterweise mitten im 30jährigen Krieg, der vor allem für Zerstörung und nicht für Bauen bekannt ist, errichtet: 1627. Typisch für den Barock, dass das Gebäude nicht mehr mittelalterlich-giebelständig sondern traufständig an der Hauptstraße ausgeführt ward. Gesimsbänder zäsieren horizontal, und neben der Monumentalität der Gebäudemasse gefallen zumeist die beiden kunstfertig gerahmten Portale mit gesprengten Segmentbogen-Giebeln. Auch die Fenster-Öffnungen zeigen schön profilierte, barock-typische Steinrahmungen.

6


_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_

__


Schönstes Gebäude der Altstadt – zumindest aus Sicht der Autoren – ist das Fachwerk-prächtige Rathaus. Das schmuckvolle fränkische Fachwerk wird von gotischen Detail in den massiven Sockelgeschoss-Wänden trefflich bereichert. Letztere sind im Übrigen über 100 Jahre älter als das Fachwerk, gehen in ihrer Erbauung bis ins spätgotische Jahr 1499 zurück. Rechts vom Rathaus der Campanile der alten Stadtkirche.
Rechts oben blickt man entlang der Burg und Stadt verbindenden Wehrmauer nach Norden auf den Main und den neuen Teil Freudenbergs. Die modernen Erweiterungen haben glücklicherweise einzig nach Norden stattgefunden, was bedeutet, dass sich der Altstadtkörper nach gleich drei Seiten: Osten, Süden und Westen ohne modernistische Zutaten umso schöner entfalten darf. Auch dies spielt für die Schönheit Alt-Freudenbergs eine große Rolle.
Den Ostrand der Altstadt gewahrt man rechts unten, geblickt vom Weg zur Burg. Die Hauptstraße zeichnet sich durch ihre Breite ab, gesäumt reizvoll von den giebelständigen Stadthäusern.            

7


_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_

__


Das aufmerksame Auge kann sich im Altstadtbereich noch an mancherlei kunstfertigem Detail erfreuen.
Links eine Heiligenstatue auf einem außenseitigem Strebepfeiler der Stadtmauer. In der Mitte die beiden Prachtportale des barocken Amtshauses. 
Und rechts das noch prächtigere Hauptportal von St. Laurentius: zwei kannelierte korinthische Säulen tragen einen von Heiligenfigur gesprengten Segmentbogen-Giebel, damit das elegant profilierte Türgewand rahmend. Die Kirche wurde 1691/92 in üblicher Barock-Manier errichtet; den örtlichen kleinstädtischen Verhältnissen angepasst, tritt die Saalkirche mit Flachdecke und dreiseitig geschlossenem Chor im ganzen zurückhaltend und bescheiden auf, ohne die Fassaden zu vernachlässigen.

8


_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_

__


St. Laurentius hat seit 1957 ihren Status als Hauptkirche verloren, indem der stark angewachsenen Gemeinde ein größerer, als moderner Bau freilich weitaus weniger ansehnlicher Neubau geschenkt wurde. Nach gründlicher Renovierung 1979 bis 1989 finden aber auch hier wieder Gottesdienste statt. Für die Stadtgestalt spielt das Gotteshaus zusammen mit dem Rat- und dem Amtshaus in der langen Hauptstraße eine sehr wichtige Rolle, das Zentrum des Altstadtbereichs insbesondere durch den Nordturm mit hoher doppelter Dachzwiebel und Laterne betonend.
Links oben der schönste Abschnitt der Hauptstraße mit dem gotischen Unterbau des Rathauses und der barocken Kirche mit Turm und Langhaus. Letzteres wird edel von hohen Pilastern gegliedert, und die langen Rechteckfenster besitzen als gefallenden Zierrat Segmentbogengiebel.
Darunter sieht man einen Ausschnitt der Innenseite der nördlichen Stadtmauer; hier noch mit abgetrepptem Wehrgang.

9


_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_

__


Bedeutendstes architektonisches Prunkstück Freudenbergs ist der fulminante Bergfried der Burg (im Bild die Südost-Seite). Als einzig dreistufiger Bergfried Süddeutschlands, mit seinem pyramidalen Aufbau erinnert er entfernt, aber umso reizvoller an süd- und mittelamerikanische Pyramiden. Eine badische Sehenswürdigkeit ersten Ranges!
Die sukzessive ausgebaute Burg besteht aus Hauptburg im Südosten und Vorburg im Nordwesten (näher zur Stadt). Schon seit 1552, durch Zerstörung im Markgräflerkrieg,  liegt die einst stolze Veste, die in ihrer Hochzeit im späten 15./ frühen 16. Jahrhundert zum Spätgotik-Schloss veredelt wurde, in Ruinen. Eine lange Zeit anhaltenden Verfalls, dem die Burggebäude weitgehend anheim fielen. Gut erhalten sind aber die das weite Burg-Areal absteckenden Mauern: Schildmauer, Ring- und Zwingermauern nebst der dazugehörenden Türme. Allen voran der gewaltige Bergfried: unerschütterlich steht das Bollwerk.

Nur wenige Kilometer flussabwärts wird vollendet, was an Fachwerk-Baukunst in Freudenberg begonnen, nämlich durch das unterfränkisch-bayrische Miltenberg, eine der schönsten Fachwerk-Städte Deutschlands. Zur gewaltigen Fachwerk-Schönheit treten beachtliche Artefakte der Stadtbefestigung und die Mildenburg, über der ausgedehnten Stadt thronend. Einen Foto-Bericht findet man in "Über Baden hinaus": Miltenberg [Link].


Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Stadt, Burg und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Wikipedia-Artikel
Freudenberg (Baden)
4) Wikipedia-Artikel Burg Freudenberg (Freudenberg)
5) Website
www.freudenberg-main.de
6)
örtliche Informationstafeln der Burg Freudenberg
    

10


_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_

__

 
  | Heute 8 Besucher (146 Hits) | | 1.295.320 Besucher, 5.952.200 Hits seit September 2006 |  
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden