Sankt Georg in Achkarren (Vogtsburg, Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) / Friedrich Arnold / 1822
Die Kirche zu Achkarren besitzt neben dem wie üblich nüchternen Kirchenschiff einen beeindruckenden Turm. Dieser wächst gemäß primärem Grundtypus machtvoll aus dem Schiff empor — in der konkreten Formulierung besitzt er zudem ein hohes Maß an Originalität.
Das Schiff ist wuchtiger Körper mit hohen Dreiecksgiebeln (Satteldach), langen Rundbogen-Nischen (als Lochfassade) und steht auf niedrigem Sockelstreifen.
Originell dagegen der eingangstellende Turm — er besitzt zugleich kraftvollen als auch verspielten Charakter.
Man beachte zunächst die Eingangspartie: welch' kraftstrotzende Rechteck-Pfeiler wuchten hier den Turm!
Sie verdanken ihren Eindruck der gewaltigen Proportion und nicht minder der sich nach unten aufspreizenden Form. Diese Idee findet man auch an der Kiechlinsbergener Kirche (siehe unten), deren unterer Turmabschnitt sich gleichfalls spreizt — jedoch ohne pfeilerausbildende Kapitelle. Über Pfeiler und Rundbogen findet sich der verkröpfende und somit den Turm "einfangende" Geison des Kirchenschiff-Giebels. Dieses zusammenbindende Stilmittel ist immer zu loben: es führt zur Gebäudeeinheit und mindert die Härte der Durchdringungsgeste. Der untere Turmabschnitt findet sein Ende im ausladenden Gesims auf eng gestellten Rundkonsolen.
Nun folgt die Turmspitze, die für den ein wenig verspielten Charakter Sorge trägt. Er entsteht durch die Eckpilaster, welche sich zu den Schallfenstern hin negativ verkröpfen — erstaunlich eine barocke Anwendung also, die der bisherigen Strenge geradezu entgegenarbeitet, zugleich die klare konstruktive Wirkung üblicher Kirchturmspitzen konterkariert.
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Dennoch, diese Geste gereicht nicht zum Schaden — die brachiale Eingangsseite kann einen auflockernden "Gegenspieler" gut vertragen. Eine Rückwendung zum Barock-Detail lässt sich bei Christoph Arnold im übrigen immer wieder beobachten. Die barocke Überladung der Fassade meidet freilich auch Arnold: die Pilaster tragen Bögen, die in großen ruhigen Flächen liegen. Arnold setzte gerne auf barocke "Zitate", die aber stets nur vereinzelt zur Anwendung kamen und nie zu einer Überfrachtung führten. Ein kaum merkliches Dachgesims verbindet sich schließlich ob gleicher Einfärbung mit dem geknickten Zeltdach zur Wirkung eines eigenständigen aufgesetzten Baukörpers pyramidalen Volumens, der als kräftiger Akzent das Turmarrangement abschließt.
Der Innenraum der Saalkirche wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts modernisiert. Nichtsdestotrotz blieben die originären Raumwirkungen, die Hauptelemente erhalten. Im rückwärtigen Bereich die im Kirchenbau des Weinbrennerstils so häufig zu gewahrende Orgelempore. Zwei kräftige Rundsäulen und sechs Pilaster, allesamt mit dorischen Kapitellen ausgestattet, tragen die die gesamte Breite des Langhauses überspannende Empore.
Vorne erwartet den Betrachter ein überrschaschend langgestreckter Chor. Dieser nimmt nämlich nicht nur den Raum der außen zu sichtenden Apsis ein, sondern, gleichsam als Übergang, auch noch einen Teil des Kirchenschiffes, das hier von zwei zusätzlichen Längswänden auf Chorbreite getrimmt ward, ansonsten rechts und links Nebenräume aufweist. Ein hoher Rundbogen separiert das Langhaus vom zweistufigen Chorraum. Insbesondere der letztere, den Chor formenden Eingriff verleiht dem ruhigen Gesamtraum-Eindruck auch ein Spannungsmoment.
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Der Artikel ist eine erweiterte Version des Beitrages unter "Arkadischer Kaiserstuhl" (Sammlung '1')
Quellen 1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Stuttgart, Ausgabe 1959; Kirche 1822 nach Plänen Friedrich Arnolds erbaut
3) Website http://kaiserstuhl.net; gleicher Baumeister, Entstehungszeit aber 1823
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