Baukunst in Baden
  Bühl Altes Rathaus (08)
 


ein Bild
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Altes Rathaus von Bühl (Landkreis Rastatt)   /   Johann Ludwig Weinbrenner?   /   um 1835

Monumentalität ins Brachiale gesteigert, das führt uns das Bühler Rathaus vor Augen. Hier also geschieht's: das weinbrennersche Formenvokabular verliert das rechte Maß und führt das Gebäude in echte Brachialität. Freilich liegt darin auch ein großer Reiz. Dabei ist vornehmlich von einem bestimmen Effekt die Rede, dem risalitartigen Vorschieben des Mittelteils der Straßenfassade über die gesamte Gebäudehöhe — eine Höhe beträchtlicher Dimension. Dieses ist das Leitthema, im Grunde das einzige Thema des Gebäudeentwurfs.
     Zunächst geschieht kaum Ungewöhnliches, entwickelt sich das Rathaus in gut proportionierter Körperhaftigkeit als schlichter Kubus. Dann aber rückt besagter Mittelteil vorwärts und spielt der Vertikalen eine gewichtige Rolle zu. Der reine Körper bei zurückhaltender Detailierung, hart die Vertikale durchsetzend — die Straßenseite hat somit auf kurzer Distanz gleich vier lange Hauskanten — das erzeugt Monumentalität. Die körperhafte Risalitgeste ist von den Bauten Weinbrenners wohlbekannt (Haus des Generals Beck [13], Sankt Stephan — Sammlung '1', beide in Karlsruhe), nirgendwo jedoch tritt sie in dieser harten Proportion auf. Sie verschafft dem Rathaus letztlich Unverwechselbarkeit.
     Von den klassizistischen Details zu sprechen lohnt kaum die Mühe, das Standardprogramm wird ohne Höhepunkte abgesetzt. Andere Details fallen ins Auge — Details, interessanterweise von Heinrich Hübsch inspiriert. An einer eindeutig auf Weinbrenner bezogenen Gebäudekonzeption auch Details von dessen Amtsnachfolger zu finden ist merkwürdig.
     Hübsch vertrat eine gänzlich andere Architektursprache, statt reiner Baukörper führte er die Verkleidung derselben mit feinsinnigem Gebäudeschmuck (wieder) ein. Man findet solche am Bühler Rathaus in den Sprenggiebel-Details. Diese feinen Details sind jedoch in Anbetracht der enormen Gebäudegeste kaum auffallend, durch die Art der Anordnung derselben gar zuarbeitend. Damit wird das Rathaus wohl endgültig Unikat. Einerseits Weinbrennersche Monumentalität (Brachialität), andererseits feinsinnige Details Hübsches. Ein Zusammenprall, und einer, der uns nur selten begegnet.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort; Entstehungszeit abgeschätzt; keine Quelle für Baumeister, aber Einzugsbereich des Baden-Badener/Rastatter Bezirksbaumeisters (dem der Bau eines Rathauses in Bühl zukam) Johann Ludwig Weinbrenner


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