Baukunst in Baden
  Ottenhöfen Kirche (17)
 

Sankt Anna in Ottenhöfen (Landkreis Ortenau)   /   um 1925

Das 20. Jahrhundert schenkte Sankt Anna zunächst einen Campanile in neoklassizistischem Weinbrennerstil (um 1925, wie eine Tafel am Turme aufweist), wertere also den Kirchenbau beträchtlich auf, dann aber raubte es das alte klassizistische Kirchenschiff (1821-23 errichtet). Die schnell anwachsende Gemeinde ward dem alten Langhause bald zu groß, weshalb dessen Abriss zugunsten eines größeren, nunmehr modernistischen Kirchenschiffes verfügt wurde (zweite Hälfte 20. Jahrhundert).
     Nun kann man dem modernistischen Neubau zwar einmal mehr nur schwerlich ästhetischen Reiz abgewinnen; welch' überaus reizvolle Ansicht aber des nunmehr weitgehend freigestellten Kirchturmes! Dieser, auch in nachahmender Neo-Art ganz der typischen Machart des Weinbrenner-Stiles angehörig, erscheint gleichsam als Kuriosität — und gewinnt in der zwangsläufigen Zwiesprache der Stilformen eindeutig die Oberhand.
Der nur von wenigen Öffnungen durchbrochene Unterbau des Turmes wirkt als entschiedener Baukörper kontrastierend auf die detailreichere und der konstruktiven Ordnung unterworfenen Spitze. Letztere, durch ein kräftiges Balkenkopfgesims, das gleichsam eine Plattform ausbildet, bestens eingeläutet, zeigt die typische Gestalt der vier Eckpilaster, Gebälk und geknicktes Zeltdach tragend.
     Die im Grunde einfache Turmfigur, wie meistens im Weinbrennerstil nur von wenigen, dafür konsequent gezeichneten wie entwickelten Details profitierend, behält dank ihrer klaren, Monumentalität ermöglichenden Formensprache die Oberhand über ein Kirchenschiff, das wohl aus bestem Willen geschöpft, das aber typisch für den ständig nach neuen Moden Ausschau haltenden Modernismus, wenig reif und ohne erkennbares ästhetisches Ziel auftritt.
     Im Schwarzwald-Ort Ottenhöfen findet man keineswegs eine Einheit eines Kirchenbaus, sondern einen merkwürdigen, durchaus spektakulären Kontrast zwischen den Hauptbestandteilen Turm und Langhaus. Ein Gegensatz, der dank des neoklassizistischen Turmes auch formale Stärken aufweist. Neben dem Gotteshaus Sankt Peter und Paul in Bad Peterstal-Griesbach zeigt der Campanile überdies das schönste Beispiel des Kirchenbaus in der Neo-Weinbrennerstil-Bewegung der 1920er Jahre.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Jahreszahl (auf Steintafel in Turmfassade), Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Website www.ottenhoefen.de


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