Baukunst in Baden
  Istein Kirche (72)
 

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Sankt Michael in Istein (Efringen-Kirchen, Landkreis Lörrach)   /  Johann Ludwig Weinbrenner   /   1819-21

Gotteshaus des primären Grundtyps des Weinbrennerstiles, d.h. der Kirchturm steht an der vorderen Querseite des Langhauses und hält hier den Haupteingang parat — die häufigste der drei Grundfiguren der klassizistischen Kirchen in Baden.
     Ganz und gar überdurchschnittlich aber die vorzügliche Situierung der Kirche. Sie steht zu Häupten der Dorfhäuser, gleichsam als monumentale Krone des ansehnlichen Weindorfes. Der Ort erklimmt die Abbruchkante des höheren Geländes zum Rhein hin und hat bereits den Vorgängerbauten die höchste, die hochwassersicherste und zugleich die ehrenvollste Position eingeräumt. Sankt Michael erhält dadurch keine geringe Fernwirkung und im Zusammenspiel mit der Landschaft und den Dorfgebäuden, worunter sich gleich drei (spät-)mittelalterliche Schlösser und einige Fachwerkbauten befinden, eine sehr schöne Wirkung. Nur wenige andere Gotteshäuser, wie z.B. die Münchweierer und Wössingener Exemplare (beide Sammlung '1') können auf ähnlich glückliche Situierung verweisen.
     Auch die Architektur selbst weiß zu gefallen. Die Turmspitze mit geknicktem Zeltdach ist typischerweise klar abgesetzt, der Haupteingang erfolgt durch einen Triumphbogen, und auf der Rückseite gewahrt man einen apsidialen Chor. Letzterer sollte in den folgenden Jahren für Johann Ludwig Weinbrenner zu einem in dieser Form nur von ihm eingesetzten regelmäßigen Stilmittel werden. Als Vorbild agiert hier eindeutig der Baustil der Romanik, die als einzige Epoche Chöre und Seitenkapellen häufig in Gestalt runder Apsiden einsetzte. In Istein findet man das erste Exemplar Johann Ludwig Weinbrenners (weitere Beispiele zeigen die Kirchen in Oppenau, Durmersheim und Ötigheim — alle in Sammlung '2').

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Ansehnlich auch der Innenraum. Das Langhaus enthält die für den klassizistischen Kirchenbau Badens typische rückwärtige Empore. Zwei dorische Säulen und, beim Übergang in die Längswände, zwei Pilaster tragen die Empore. Unüblicherweise, durchaus noch in barocker Manier wölbt sich die Empore auf Orgelhöhe nach vorne — ein Entwurfsgedanke, den Weinbrenner auch bei St. Matthäus in Bühl-Eisental (Sammlung '2') einsetzte.
     Der Chor zeigt sich größer als die Apsis von außen vermuten lässt, weil er nämlich einen Teil des Langhauses mitbenutzt. Eingeleitet von einem Triumphbogen sorgen zwei weitere Längswände in Verlängerung der Chorapsis für eine Schmälerung des Kirchenschiffes, dem Chor damit mehr Tiefe gewinnend, und, durch die Abtrennung, Platz für  Nebenräume (vgl. hierzu Friedrich Arnolds Kirche St. Georg in Achkarren, gleichfalls Sammlung '4').
     Zu allermeist gefällt aber das Zusammenspiel mit dem Hauptaltar, den zwei Seitenaltären rechts und links des Triumphbogens und der Kanzel an der nördlichen Längswand. Diese nämlich sind gleichfalls von klassizistischer Machart, also die gelungene stilfortschreibende Ergänzung zur Raumwirkung. Dergleichen gewahrt man nicht mehr allzu häufig, einen genuin klassizistischen Innenraum. Und in diesem Sinne ward leider auch hier der Eindruck partiell verwässert, zumeist durch die moderne naturbelassene Holzdecke, die ob ihrer dunklen Farbe unangenehm lastend wirkt.
 

Quellen
1) örtliche Informationstafel (Entstehungszeit und Baumeister)
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester  "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959: die Fertigstellung als "Weinbrennerbau" fand "unter großen Schwierigkeiten" 1822 statt


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