Evangelische Stadtkirche in Kandern (Landkreis Lörrach) / Christoph Arnold / 1825-27
Eine Kirche des tertiären Grundtypus' der Weinbrennerstil-Kirchen, d.h. das Gotteshaus besitzt statt eines Kirchturms einen Dachreiter, der auf der Vorderseite in die Höhe steigt. Doch der Dachreiter der Kanderner Stadtkirche ist nicht nur massiv, also gemauert ausgeführt, er ist überdies von solcher Größe, dass man ihn leicht als eine Turmspitze gelten lassen will, als sei der Turm ganz ins Langhaus gerückt worden; der Kanderner Dachreiter ist der mächtigste unter den Exemplaren des badischen Klassizismus.
Sehr ansehnlich die Vorderseite, die von einer großen Rundbogennische "gefurcht" wird, welche mit detailedlen Formen ausgefüllt. Über dem Eingang, der von zwei dorischen Pilastern und Balkenverdachung gesäumt wird, folgen zwei Reihen von dorischen Quadratsäulen und Wandvorlagen, die jeweils hohes Gebälk, im Bogen ein großes Thermenfenster tragen. Dieser Aufbau wirkt reizvoll wie eine statisch unabhängige Installation, die gleichsam in die Nische eingestellt. Den Effekt vollendet der breite Dachreiter in Flucht der Nische. Das spannungsvolle Nischenmotiv wendete Christoph Arnold übrigens 1823 ein erstes Mal für die Kirche in Wasenweiler und 1828 das dritte Mal für das Teninger Gotteshaus an (beide siehe "Arkadischer Kaiserstuhl", Sammlung '1').
Der Dachreiter besitzt eine Basis, dem vier dorische Eckpilaster entwachsen, die dann ein Gebälk und das geknickte Zeltdach tragen; eine Ansicht also die ganz dem typischem Aufbau der Turmspitzen des Weinbrenner-Stiles entspricht. In diesem Sinne finden sich in den Pilasterabständen die rechteckigen Schallfenster. Im Übrigen ist der Dachreiter ungewöhnlicherweise breiter als tief.
Das Langhaus, wie immer im badischen Klassizismus detailarm, wird von Rundbogenfenster gegliedert. Auf der Rückseite der chorlosen Kirche findet man nur noch einen kleinen Anbau mit Nebenräumen und Treppe für die Kanzel.
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Gar noch spannender das geräumige Innenleben. Die dreischiffige Hallenkirche wird von zwei Reihen kolossaler korinthischer Säulen gegliedert, die zwei Emporenlagen tragen. Damit erblickt man im Kanderner Innenraum die schönste Reminizenz an den im Zweiten Weltkrieg untergegangenen Innenraum der Evangelischen Stadtkirche von Karlsruhe, eines der Hauptwerke Friedrich Weinbrenners!
Zwei kraftvolle dorische Säulen trennen den kleinen Vorraum vom Langhaus. Und auf der anderen Seite, also der Vorderseite, wartet wiederum eine "eingefurchte" Rundbogennische, deren Hauptbestandteil das Altarbild im Bogen und die förmlich an der Wand "klebende", schmuckvolle Kanzel (Vorbild hierfür Friedrich Weinbrenners Kirche zu Scherzheim, siehe Sammlung '1').
Quellen 1) das Gebäude selbst - Stilmerkmale
2) Homepage www.kandern.de (Nennung Baumeister und Entstehung)
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