Stadtpalais in Heidelberg (Friedrichstraße) / Johann Thierry? / 1829-30
In der an baulichen Höhepunkten gewiss nicht armen Altstadt Heidelbergs weiß auch dieses klassizistische Stadtpalais so manchen Blick auf sich zu ziehen.
Um es vornan zu stellen, das beeindruckende und zugleich ungewöhnliche dieses in einem warmen gelb leuchtenden Stadtpalais ist das Verhältnis (tempelartiger) Mittelrisalitt zu den Seitenflügeln. Haben letztere für sich gesehen durchaus gewöhnliche Proportionen, kann die Mittelpartie dieses Attribut selbstbewußt verweigern. Zwar wird dieser Gebäudeteil im Typus des Stadtpalais immer der Vertikalen geweiht, nirgendwo jedoch findet sich diese geradezu turmartige Präsenz. Und diese verleiht der Gesamterscheinung eine vielversprechende Spannung.
Betrachten wir nochmals die Seitenflügel: der Sockel und die markanten geschoßweise auftretenden Gesimsbänder, genauso wie das rustikale Dachgesims sorgen für eine horizontale Ausstrahlung. Der auffahrende Risalitt tritt kontrastierend (spannungsvoll) vertikal dagegen.
Als eingangbergender Blickfang ist dieser Gebäudeteil ohnehin eines eingehenderen Blickes würdig. Auf den sandsteinernen Sockelstreifen folgt das sich insgesamt nach vorne verkröpfende Sockelgeschoss. Mit den tiefen Putzrillen hebt es sich von den folgenden glatt verputzten Gesimsen deutlich ab. Gelungen, die nischenartige Ausbildung des Eintritts — optisch das Eindrücken in die (Bau-)Masse, und fein, wie dabei auch die Treppe mitgenommen wird. Es folgt der auskragende Balkon, der von starken Konsolen gehoben wird und der Komposition zuträglich die gesamte Risalittbreite einnimmt. Dann das zweigeschossige Piano Nobile mit vier trefflichen Pilastern — trefflich, weil bei angenehmer kolossaler Ordnung eine gute Proportion erzielt wird, gipfelnd in den schmückenden ionischen Kapitellen. Die Rundbogenöffnungen bereichern durch ihre Form, ebenso deren filigran gearbeiteten Öffnungsrahmen. Leider treten hier auch Schwächen zu Tage: der kleine Balkon und die (wenngleich funktionalen) Klappläden beeinträchtigen das Pilasterbild doch sehr. Die Pilaster haben endlich einen mächtigen Balken zu tragen. Dieser wurde ausgesprochen hoch dimensioniert um den aufsitzenden Dreiecksgiebel deutlich über das Dachgesims der Seitenflügel zu heben. Gut formuliert — eine derart aufschießende Vertikale hat den Dachrand beinahe zwingend zu durchbrechen!
Außerdem verleiht der Balken eine wuchtige Note, die jedem Bauwerk im Stile Weinbrenners gut ansteht. Auch der schon gestreifte Giebel kann gelobt werden. Dessen niedrige Dachneigung und das markante schlitzartige Segmentbogen-Fenster erwirken einen strengen gedrungenen Abschluss.
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_ Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Bernd Müller "Architekturführer Heidelberg, Bauten um 1000-2000", Edition Quadrat Mannheim, Ausgabe 1998. Hier Angabe Erbauungszeit; eingedenk dieser und dass das Bauwerk bei entsprechender formaler Qualität im "Einzugsbereich" Thierrys, macht diesen zum naheliegenden Baumeister (zumindest Entwerfer).
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