Sankt Blasius in Zähringen (Freiburg) / Christoph Arnold / 1822-24
Welch' imponierend kraftvoller Turm!
Das Kirchenschiff hingegen wurde üblich zurückhaltend ausgeführt. Zur Rückseite löst es sich in immer kleinere Baukörper auf (den Chor und Nebenräume fassend). Die Seitenfenster werden durch die bekannten Rundbogennischen freigegeben, lang und ruhig die Längsfassaden gliedernd. Das einfache Satteldach schließt zu beiden Querseiten als Dreiecksgiebel mit maßvoller Neigung. Auf der Rückseite übernimmt der Chor Neigung und Giebelmotiv; als Blickfang agiert hier ein vermauertes Thermenfenster.
Das Kirchenschiff ist der entspannte Gegenspieler, gleichsam das Rückgrat des kraftvoll aus diesem herausstrebenden und alles andere als ruhigen Kirchturm. Gleich zu Beginn öffnet sich eine hohe Rundbogennische (spürbar breiter und höher als die Seitennischen des Schiffes). Sie zieht sich förmlich auseinander um den Blick frei zu machen auf die detailreiche vertikale Komposition des Eingangs - eine beeindruckende konstruktive Komposition, die sich ganz und gar selbst zu tragen scheint; mehr noch, sie wirkt als sei sie in die gewaltige Nische frei eingestellt. In ihrer kleinteiligen Gliederung bildet sie außerdem einen feinen Kontrast zu den sie umgebenden nur wenig bearbeiteten Flächen und Massen.
Sie startet mit zwei kraftvollen quadratischen Pfeilern, deren breiter Abstand den Eingang bedeutet. Die dorisierenden Kapitelle tragen gleich zwei mächtige Balken, auf welchen zwei wiederum stämmige Pfeiler gleicher wenn auch niedrigerer Ausführung stehen. Letzteren obliegt dieselbe Aufgabe, namentlich zwei mächtige Balken zu halten. Wie befinden uns mittlerweile im Rundbogen der Nische — auch der geschickte Architekt wusste darum und ließ die treffliche Anordnung mit einem Thermenfenster schließen. Einen lustigen Kontrapunkt setzt das kleine Fenster direkt über der Nische, dessen liegendes Format schüchtern auf die emporstrebende Nische antwortet.
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Doch die kraftvollste Geste steht erst noch an: die ausladende Galerie, die von ausgesprochen starken Rundkonsolen getragen wird. Dieser Kranz bedeutet gleichzeitig den markanten Abschluss des eigentlichen Kirchturmkörpers. Das Ganze wurde dergestalt bedeutend und fordernd geformt als gelte es die gewaltige Turmspitze des nur wenige Kilometer entfernten Freiburger Münsters zu wuchten. Die dann tatsächlich folgende klar zurückgestaffelte und dünne Spitze lässt den Betrachter beinahe stutzen. Aber immerhin, sie ist fein detailliert: vier nur knapp vortretende und somit eher dekorativ als tragend wirkende Eckpilaster — untereinander die vier Rundbogenöffnungen für den Glockenklang aufteilend — fassen einen Gebälkstreifen. Ein mehrfach horizontal gerilltes Gesims leitet über zum Turmdach, einem geknicktenen Zeltdach, das, sich dem Himmel weiter nähernd, in das Kreuz übergeht.
Der Kirchturm zeigt sich als glanzvolle weinbrennersche Inszenierung von emporstrebender Kraft — selten war man einem Kirchenschiffe ob seiner sich bescheidenden Gestaltrolle dankbarer.
Der Innenraum ist die Weinbrennerstil-typische Saalkirche. Nach vorne öffnet ein Triumphbogen in den Chor. Man gewahrt einen Hauptaltar, zwei kleinere Altäre rechts und links des Triumphbogens. Ihre gefällige barocke Ansicht verdankt sich Ersteigerungen von durch die Säkularisation aufgelösten Freiburger Klöstern. Als klassizistische Elemente treten die Kanzel und der Taufstein auf. Die rückwärtige Ansicht wird wie gewöhnlich von einer Empore, die Orgel tragend, geprägt. Zwei kraftvolle dorische Säulen entbieten ihre Dienste, mögen ein wenig verdutzt das Fehlen von Pilastern beim Übergang des Emporen-Gebälks in die Längswände des bemerken. Ein ansehnliches illusionistisches Deckenbild entstand 100 Jahre später, 1924.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Stuttgart, Ausgabe 1959 (Chr. Arnold genannt, Erbauungszeit 1822/23)
3) Website www.katholische-kirche-freiburg.de (Chr. Arnold genannt, hier aber Erbauungszeit 1823/24)
4) Informationstafel vor Ort (Entstehung 1822-24)
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