Marktplatz von Karlsruhe / Friedrich Weinbrenner / ab 1797
Der Marktplatz Karlsruhes wurde unbeschadet der Stellung des stadtgründenden Schlosses, das seinerseits eher als Ausgangs- oder Zielpunkt der großherzoglichen Kapitale zu gelten hat, gleichsam zum Zentrum der Stadt, hierfür auch die Hauptachse des strahlenförmigen Stadtgrundrisses, die sogenannten Via Triumphalis nutzend, welche auf Höhe des Marktplatzes die entsprechende Aufweitung zum Platzraume zu erdulden weiß.
Der Marktplatz Karlsruhes steht aber nicht nur für das Zentrum der alten Hauptstadt, die ja ihrerseits der wichtigste Ort im Großherzogtum und in diesem Zuge zum Hauptaustragungsort des Bauens im Stile Weinbrenners gerierte — die Raumform des Marktplatzes wurde zum Herzstück schlechthin des Klassizismus' Weinbrenners. Da nimmt es nicht wunder, dass der Marktplatz zu einer der gelungensten Raumformen des (deutschen) klassizistischen Stiles aufstieg, und, wäre es nach Weinbrenner gegangen, gar die kaum bestreitbare Spitze dieses elitären Kreises erklommen hätte. Karlsruhe, respektive der berufende Großherzog hatten Weinbrenner eine Entfaltungsmöglichkeit geboten, wie sie sonst kein anderer Baumeister in deutschen Landen für sich beanspruchen konnte. Freilich halfen auch die Zeichen der Zeit, der glückliche Moment des Aufstieges der kleinen markgräflichen Stadt zur großherzoglichen Residenz und — fast möchte man sagen — allen voran die Fähigkeit Weinbrenners auch noch dem schmalsten Geldbeutel Baukunst zu erlauben, denn reich waren weder die Stadt noch der Großherzog, ganz im Gegenteil, nach den napoleonischen Drangsalen musste man sich sehr bescheiden geben. Freilich lag es nicht daran, dass man Weinbrenner dennoch den letzten entscheidenden Schritt zum Gipfel verwehrte, namentlich die Vollendung eben jenes Marktplatzes. Der Marktplatz Karlsruhes, diese beeindruckende Raumform, blieb ungeachtet seiner Wirkung ein Torso und damit hinter seinen tatsächlichen Möglichkeiten zurück.
Die Platzgestalt nahm gemäß ihrer später erlangten Bedeutung von Beginn an eine zentrale Stellung im Entwurf Weinbrenners ein. Sie gehörte zu seinen ersten Aufgaben als stellvertretender Baudirektor, mehr noch bildeten die dort zu situierenden Gebäude evangelische Stadtkirche und Rathaus ein mehrfach gewähltes Entwurfsthema und stets an den markgräflichen Hof eingesendete Arbeiten aus seiner Zeit als Berliner oder römischer Autodidakt. Spätestens jedoch mit dem Gesamtentwurf jener Anfangstage in Karlsruhe wurde deutlich worauf Weinbrenner hinauswollte. "Sein" Platz sollte wie ehedem in wichtigen Gebäuden Säumung finden, diese aber sollten nicht mehr wie ehedem schmuck- und prachtvolle Fassaden zur Schau stellen, sondern eine ganz andere Wirkung: der Ausdruck unverblümter Massen, oder besser noch unverblümter und sorgsam gestaffelter Baumassen.
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