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Rathaus der Stadt Lahr (Landkreis Ortenau) / Friedrich Weinbrenner und Hans Voss / 1809-10
Dieses feine und nicht allzu große Rathaus erscheint als kraftvolle, gleichsam aus dem Boden emporstrebende "Skulptur". Diese sehr ansehnliche Wirkung, die sich allerdings weitgehend auf die Vorderansicht bezieht, erzielt es vornehmlich durch zwei gestalterische Maßnahmen: zum einen lässt die Fassade einen Sockelbereich bestenfalls im Ansatze erkennen. Der zweigeschossige Piano-Nobile-Baukörper taucht praktisch unvermittelt "aus dem Erdboden" auf und entwickelt sich — zum anderen — nach oben in ein Zwerchhaus stattlicher Dimension (deutlich abgesetzt vom Dach), welches schließlich im edlen Giebeldreieck den wohltuenden formalen Abschluss findet. Die klassische Dreiteilung der Fassade in Sockel, Piano Nobile und Dach ward vom Baumeister also entschieden reduziert, als formale Wirkung de facto aufgehoben. In gebrochenem Weiß gehalten, tritt eine klassizistische "Skulptur" wuchtig empor und verjüngt sich (durch das Zwerchhaus mit Giebel) bei zunehmender Höhe.
Der körperhaften Wirkung signifikant hilfreich auch die Fensterrahmungen. Als putzbündige Steinfassungen unterstützen sie die Ruhe des Baukörpers; umso graphischer wirken diese Rahmungen, die die "Verletzung" des Baukörpers ganz auf die eigentlichen Fensterflächen reduzieren. Reizvoll auch die Eingangspartie, die als rechteckige Nische in den Körper wie "eingeschnitten" erscheint. Zwei angeschnittene dorische Pfeiler säumen und veredeln den Eintritt.
Die noch verbleibenden, wie immer im Weinbrenner-Stil nur wenigen Details legen sich als eine Art zweite Matrix über die beschriebene skulpturale Geste, diese sanft in ihrer Wirkung mildernd. So erzielen die beiden nur wenig vor die Fassade tretenden Balkone (als repräsentative "Grundausstattung") auf Rundkonsolen in ihrer klaren Horizontalen eine Gegentendenz zur aufstrebenden Vertikalen. Auf gleiche Weise fungieren die hölzernen Klappläden, die sich mit den Fenstern zu Bändern vereinigen. Aus stehenden Formaten (Klappläden und Fenster einzeln betrachtet) in der Gesamtschau einen horizontalen Eindruck zu vermitteln, gehört zu den grundsätzlichen Gestaltungsideen des (weinbrennerschen) Klassizismus. Die treffliche Wirkung der Frontfassade verdankt sich demnach neben dem skulpturalen Effekt jener gelungenen Austarierung von Vertikale und Horizontale.
Das aber schönste klassizistische Detail begegnet uns zweifelsohne in der Gestalt des noblen Zwerchhauses. Dieses tritt deutlich aus dem Walmdach nach vorne, in sauberer Verlängerung des Piano Nobile. Durch den beigeordneten langen Balkon gewinnt es eine vorteilhafte optische Abtrennung (als eine Art Vorblendung, die den verjüngenden Verlauf des Baukörper noch ohne weiteres "durchscheinen" lässt).
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