Baukunst in Baden
  Tutschfelden Kirche (34)
 

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Evangelische Kirche in Tutschfelden (Herbolzheim, Landkreis Emmendingen)   /   Friedrich Weinbrenner   /   1806-08

Im kleinen Tutschfelden, einem Dorfe nahe Herbolzheim traf ich auf ein Bauwerk ausgewiesener Bedeutung. Einen Hügel noch galt es zu gewinnen, dann reckte sich das im Sonnenlicht funkelnde Gotteshaus entgegen. Einen Weinbrenner hatte man mir versprochen. Das mochte ich wohl lange nicht glauben, eben solange bis das Werk vor eigenen Augen. Dann aber, die bedeutende gestalterische Qualität des Kirchleins ließ einfach keinen anderen Schluss zu, ward aus dem Zweifler ein "Proselyt" gemacht. Und nun — immerhin kennen wir gleich eine Vielzahl von Gebäuden aus der Hand Friedrich Weinbrenners — nahm die eigentliche Sensation erst ihren Lauf.
     Diese entzündet sich an einfachster Jahreszahl: 1806. 1806, sie ist das das nachgewiesene Erbauungsjahr des Gotteshauses. So wurde das Gebäu also in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts aus dem Erdboden geboren; dabei im übrigen einen ungleich älteren Vorgänger, romanischen Stiles, und wie Weinbrenner selbst angab eines der ältesten Gotteshäuser Badens, aus gebauter Realität reißend. Schön, schön mag da mancher denken — oder im Hinblick auf den romanischen Ahnherrn vielleicht auch schade, schade — aber schließlich: und weiter? Mag das folgende den notwendigen Sinn einimpfen.
     Friedrich Weinbrenner hat hinter Preußens Karl Friedrich Schinkel als wichtigster klassizistischer Architekt Deutschlands zu gelten, als bedeutendster badischer allzumal. So weit so, so gut. Denn das eigentliche Elend beginnt erst ab dieser Stelle: solch baugewichtiger Persönlichkeit und mit ihr der bewundernden Nachwelt sollte man doch wie selbstverständlich eine zumindest ausreichende Dokumentation zugestehen!? Dem lieben Schinkel folgte ja auch eine kleine Bücherflut. Dem armen Weinbrenner aber wurde nur ein einziges Buch von einigermaßen weitreichender Bedeutung vermacht, als nämlich Arthur Valdenaire in den frühen 1920ern seine Doktorarbeit zur Veröffentlichung "Friedrich Weinbrenner" versilberte; ein Buch im übrigen, das denn ob fehlender gleichrangiger Werke mehrfach neu aufgelegt wurde. Alles andere über Weinbrenner stammt von Weinbrenner selbst und greift wie die handvoll Bemühungen anderer immer nur Teilbereiche seines Wirkens auf. Das passt denn ganz vortrefflich auf das wissenschaftliche Vorgehen ganz generell des 20. Jahrhunderts: fliehe dem Gesamteindruck, und stürze dich nur — und nur heißt nur — auf Teilfragen; fliehe, ja fliehe dem Gesamteindruck! Überblick ist das geringste, was das 20. und nun auch das 21. Jahrhundert braucht — oder vielleicht doch? Wie das Leben so die Wissenschaft — oder soll man umgekehrt formulieren (die alte Huhn-und-Ei-Frage)!

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