Baukunst in Baden
  BAD Rathaus (10)
 



ein Bild
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Rathaus von Baden-Baden (ursprünglich "Conversationshaus")   /   Friedrich Weinbrenner   /   1811-12

In den Jahren 1811 und 1812 baute Weinbrenner das alte Jesuitenkolleg Baden-Badens in das sogenannte Conversationshaus um, welches für die beständig ansteigende Besucherzahl des Kurortes dringend benötigte Unterkunfts- und Gesellschaftsräume bereitstellte und somit zu einer Art Vorläufer wurde des rund zehn Jahre später errichteten und eingedenk weiter gestiegener Bedeutung prachtvolleren Kurhauses (Sammlung '1', Nummer 15).
     Die Bevölkerung störte sich zunächst sehr daran, dass ein geistlichen Zwecken dienendes Gebäude (auch noch vis-à-vis der großen Stadtkirche) in eine Vergnügungsstätte umgewandelt wurde, und es war in der Tat ein merkwürdiges Schauspiel wie eine prächtige wenn auch nicht allzu große barocke Jesuitenkirche als Teil der Gesamtanlage weitgehend abgetragen wurde um Platz zu machen für ein zwar gelungenes aber deutlich niedrigeres und klassizistisch-nüchternes Gebäude.
     Zunächst aber zum Kollegiumsgebäude selbst, das vor allem eine Umgestaltung der Innenräume zu erdulden hatte, z.T. aber auch um ein Geschoss aufgestockt wurde. Letzteres geschah interessanterweise unter Beibehaltung der barocken Fenstereinfassungen, welche die typischen "Ohren", also eine seitlich ausladende obere Partie besitzen. Immerhin waren sie nicht allzu "verschnörkelt" und verzichteten auf eine Ausladung nach oben, weshalb Weinbrenner ob der tatsächlich angenehmen Kontinuität kaum Gewissensbisse zu erleiden hatte — immerhin verwendete er eine nur geringfügig zurückhaltendere Variante auch bei so manchem Neubau. In diesem Zuge erhielt einer der beiden aufgestockten Flügel auch einen Dreiecksgiebel, welcher den Abschnitt, der an dieser Stelle ob der aufsteigenden Topographie Baden-Badens eine beinahe schwindelerregende Höhe erreicht, gelungen abschließt. Das Kollegium besteht aus einer dreiflügeligen Anlage, welche sich ähnlich der bekannten Renaissance-Paläste Italiens nach außen geschlossen gibt und einen nicht kleinen Innenhof besitzt. Zumindest dem Äußeren nach gelang Weinbrenner hier eine zusätzliche Aufwertung der Anlage.
     Für den Abschnitt der Kirche kann man dieses guten Gewissens kaum behaupten. Zwar kann der neu geschaffene Flügel durchaus Lob finden, denn die auf der Außenseite unvermittelt aus dem rustizierten Sockelgeschoss aufstrebende Pilasterreihe, welche ein hohes Gebälk und schließlich das via-artige Dachgesims trägt, macht eine gleichermaßen disziplinierte wie ansehnliche Figur (erst recht durch das Moment des "Auftauchens" aus der abfallenden Geländelinie). Bedenkt man aber die hier zuvor situierte Jesuitenkirche, so muss doch dem alten Bilde der Vorzug eingeräumt werden, welches zudem den weiteren Vorteil besaß den vor ihm liegenden Platz das Gebäude entsprechender Größe und Bedeutung zu verleihen. Noch heutigentags leidet der ansonsten von bürgerlicher Bebauung umgebene Platz unter dem Fehlen eines solchen Gebäudes.
     Aus dem Conversationshaus entwickelte sich im Laufe der Zeit das Rathaus Baden-Badens. Zu diesem Behuf erfolgte eine große Erweiterung in einer nur wenig ansehnlichen Machart historistischen Stils, welche sich zudem unglücklich zwischen die beiden beschriebenen Partien schob und damit noch den hier angelegten Englischen Garten zerstörte. Außerdem muss man seither umso genauer hinsehen um Weinbrenners stiltypischen Eingriff zu gewahren.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Arthur Valdenaire "Friedrich Weinbrenner: Sein Leben und seine Bauten", C. F. Müller Verlag, 4. Auflage  Heidelberg 1985 (im Original: Braun Verlag, Karlsruhe 1926)


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