Ehemaliges Amthaus in Neckarbischofsheim (Rhein-Neckar-Kreis) / Johann Anton Ferdinand Thierry / 1823
Neckarbischofsheim lag im Zuständigkeitsbereich des Bauinspektors Johann Thierry (Heidelberg) und so oblagen ihm Planung und Ausführung eines fälligen Amthauses.
Thierry schuf brav ein nüchternes körperhaftes (quaderartiges) Gebäude, dessen notwendige Veredlung zum Amthaus durch den obligaten Dreiecksgiebel und eine sehr gefällige Mittenbetonung geschieht. Auf den niedrigen Sockelstreifen folgt ein doppeltes Piano Nobile, optisch getrennt und horizontalisiert durch ein umlaufendes einfach ausgeführtes Gurtband. Den Abschluss besorgt ein schlichtes Walmdach in Reinform (d.h. ohne den häufig eingesetzten Knick nahe der Trauflinie), dessen auskragendes glattes Dachgesims demselben die stets spannungsvolle Wirkung eines eigenständigen Bau-körpers verschafft — dadurch steigert sich überdies die kubische Wirkung des Piano Nobile.
Originell die Mittenbetonung. Der flach geneigte Giebel (griechisch-streng) bildet nicht etwa den so häufigen Abschluss einer risalitartig nach vorne tretenden Partie, sondern schiebt sich — beinahe willkürlich — über die Eingangsbetonung hinaus bis zur jeweils zweiten Fensterachse rechts und links des Eintritts.
Die zentrale Öffnungsachse entsagt der übrigen Detailkargheit. Der Eingang wird also von zwei mächtigen durch Kämpfergesimse ausgewiesene Pilastern gesäumt, die sich überraschend in der Art des Barockstils (!) nach innen verkröpfen. Sie tragen einen gleichfalls aus der Fassade tretenden Wandabschnitt, dessen Mitte ein großer profilierten Rundbogen einnimmt. Vier dicke Konsolen halten hierüber den sich aus dem Gurtband nach vorne schiebenden Balkon (mit filigranem Kreuzungs-Eisengeländer). Dessen zugeordnete Tür staffelt sich über drei Fassadenebenen nach hinten — aus der Positiv-Form des Erdgeschosses wird hier spannungsreich eine Negativ-Form.
Die Inszenierung der Mitte findet ihren Abschluss in einem großen Halbkreisfenster in Flucht der unter ihm liegenden Negativform und auf dem Horizontalgeison sitzend; letzterer setzt im übrigen das umlaufende Dachgesims auf gleicher Höhe fort. Somit ist sie glücklich kreiert, die reizvolle Überlagerungsfigur aus horizontalem Giebel und vertikaler Mittenhervorhebung.
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_ Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Ausstellung im Schloss Bruchsal, 21.03.-07.09.2003 "Kirchengut in Fürstenhand. 1803: Säkularisation in Baden und Württemberg. Revolution von oben."; hier wurden auch mehrere Weinbrennerstil-Bauten, obgleich nicht unmittelbar zur Thematik sich fügend, präsentiert; Baumeister und Erbauungszeit genannt
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