Altes "Promenadenhaus" in Karlsruhe / Friedrich Weinbrenner / 1815
Klein, fein und vom Meister selbst: das Promenadenhaus vor den Toren der Stadt gelegen (genauer: vor Weinbrenners Mühlburger Tor) stand es stets bereit den um die Hauptstadt promenierenden Sonntagswanderern die notwendigen Erfrischungen zu reichen.
Damals stand das Promenadenhaus "allein auf weiter Flur" — ergreifend, sich vorzustellen, wie dieses vornehme Gebäude auf umgebende Felder blickte. Heute, nun ja heute ist das Promenadenhaus ein Kegel-Center, dessen notwendige Anbauten das Bild beeinträchtigen, welches sich aber noch harmlos ausnimmt im Vergleich zur gleichfalls hinzu getretenen modernistischen Umgebung, die sich zum Teil gar in schwindelnde Höhen auftürmt, alle Banalität der heute herrschenden Stilvorstellung durch die gewählte Dimension auch noch aus großer Ferne aufpenetrierend.
Aber, genug davon an dieser Stelle — lassen wir den Blick zurück auf Weinbrenners Leistung schweifen. Es ist schon ein lustiges kleines (würfelartiges) Gebäude, und man brauchte schon die Fähigkeiten des Meisters um dieser geringen Gebäudemasse die wünschenswerte Noblesse zu verschaffen. Weinbrenner erzielt sie mit einer bekannten, stets reüssierenden Geste: dem zweigeschossigen (würfelförmigen) Baukörper wird ein Dachkörper der Sattelart mit zwei Dreieckgiebeln aufgesetzt und auf der Schauseite (nur noch über sie lohnt die Reflektion) die beiden durch die zentrale Geste miteinander verklammert. Die Verklammerung erfolgt durch das nischenartige Einrücken der Mittelpartie, dessen vertikaler Abschluss (Segmentbogen) den Giebel sprengt, also in den Dachkörper fährt. Die Front ist damit dreigeteilt, vertikalisiert und durch die kraftvolle Geste — geringe Gebäudegröße hin, geringe Gebäudegröße her — tatsächlich monumental!
Auf den Sockelstreifen folgt das Sockelgeschoss, das sich diesmal weniger durch seine Oberfläche, vielmehr durch die ausnahmslose Verwendung von Rundbogen-Fenstern vom Piano Nobile absetzt. Der auf letzterem aufsitzende Dreieckgiebel erhält wie immer beim Abschluss von Baukörpern nur dünne Rahmen — mächtiges Gebälk fand nur bei konstruktiver Machart, also beim Abschluss von Säulenordnungen Anwendung.
Die edlen Details erscheinen lediglich in der Nischengeste. Im Sockelgeschoss werden die Mauerabschnitte durch Kapitelle zu kleinen Rechteckpfeilern. Effektvoll, wie sich der Balkon (auf starken Konsolen) über die gesamte Nischenbreite, das umlaufende Gesimsband aufwölbend, aus der Nische herausschiebt. Folgerichtig besitzt das Piano Nobile noch edlere Details, bestätigt von den nun kräftigeren Rechtecksäulen mit fein gearbeiteten Kapitellen. Sie tragen ein mit Schieferplatten verkleidetes Gebälk, das seinerseits das Fundament bildet für das im Kreissegment sitzende, durch dicke Holzprofile angedeutete Thermenfenster.
Wenig Aufwand — gute Wirkung.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Arthur Valdenaire "Friedrich Weinbrenner: Sein Leben und seine Bauten", C. F. Müller, 4. Auflage Heidelberg 1985 (im Original: Braun Verlag, Karlsruhe 1926)
3) Website www.karlsruhe.de
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