Baukunst in Baden
  Triberg Rathaus (03)
 


ein Bild
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Rathaus der Stadt Triberg (Landkreis Schwarzwald-Baar)   /   Mutschenlechner   /   1828

Das Triberger Rathaus zeichnet ein treffliches Beispiel für die graphischen Möglichkeiten des Klassizismus und die Kunst des Minimums des Stiles Weinbrenners.
     Man findet weder einen Dreiecksgiebel noch Säulen, ja noch nicht einmal Pilaster — man findet keinerlei auszeichnende Würdebauteile, keine aufwertende Stilmittel des Klassizismus. Ja am Ende wurde sogar auf einen nach vorne tretenden Mittelrisalit verzichtet — so sieht man, auf die Vorderseite (die alleine betrachtenswerte Seite) blickend, nur eine glatte Fassade, abgeschlossen von einfachstem Satteldache.
Und dennoch haben wir es mit einem allemal sehenswerten Bauwerk im Stile Weinbrenners zu tun. Wie also kommt's?
     Die Eingangsfassade bietet vor allem einen disziplinierten, um nicht zu sagen strengen Aufbau, eine klare horizontale Schichtung der Fassade. Von unten nach oben: Sockelgeschoss, Piano Nobile, mezzaninartiges Geschoss und endlich die glatte Satteldachfläche. Nun würde auch diese Disziplin alleine keineswegs formale Rettung bedeuten (so leicht ist sie nicht, die Architektur). Was nun hinzutritt und schließlich den sehenswerten Entwurf beschert, liegt, wie oben schon angedeutet, in den graphischen Qualitäten des Klassizismus.
      Wiederum von unten nach oben. Das Sockelgeschoss ist klar separiert, durch vom folgenden Hauptgeschoss separierter Farbigkeit, die immer reizvollen horizontalen Putzrillen (sie das graphische Stilmittel par excellence) und die konsequente Verwendung von Rundbogen-Öffnungen. Des weiteren und gleichzeitig die neben dem Dachüberstand einzige nicht graphische sondern den Gebäudekörper betreffende Maßnahme sind zwei Tore in die "Masse" geführt — eine spannungsvolle Aufwertung und das umso mehr als sie für das Untergeschoss eine der Fassade ansonsten unbekannte Symmetrie einführen. Das Untergeschoss symmetrisch, die beiden folgenden Stockwerke alleine dem Motiv der (Fenster-)Reihung ergeben, darin findet man unter dem Strich eine abgeschwächte, eine durchaus subtile Gesamtsymmetrie, die immer von angenehmer, ruhiger Wirkung (in ähnlicher, sich zurücknehmender Symmetriezeugung der Dachreiter).
      Auf das Sockelgeschoss folgt das Piano Nobile, das zusammen mit der nächsten Etage und wie der Sockel darunter und die Dachfläche darüber im Auftreten einer langen, liegenden Fläche. Drei horizontale Flächen übereinander, das zeugt eine gewisse Dynamik und befördert die graphische Wirkung sehr. Die Fenster des Piano Nobile zeigen praktisch den einzigen Fassadenschmuck, die bewährten Balkenverdachungen auf Rollwerk-Konsolen. Die gesamte Fassade beschwört die Kunst des Minimums, und wenn diese Balkenverdachungen auch wahrlich nur wenig darstellen (selbst die kargen Modellhäuser konnten sich beinahe immer auf sie berufen), so hätte man dennoch nie auf sie verzichten können. Und so reihen sie sich zu Häupten der gezierten Fenster brav aneinander, neun mal. Und die Fenster, scharf gezeichnete Rechtecke, sind ohnehin graphischer Strenge untertan.
     Dann das mezzaninartige Geschoss. Die Fenster sind nun schmäler und niedriger, was für den Gesamtaufbau immer von vorteilhafter Wirkung. Einfache Steinrahmungen umfassen die wiederum scharf gezeichneten neun Öffnungen. Nun folgt das Dachgesims mit zweifach guter Wirkung: die Balkenköpfe, obgleich Mutulus-artig sind noch plastisch genug — außerdem kragt das Gesims weit aus, was zwar die Flächigkeit konterkariert, wie die beiden "eingeschnittenen" Tore aber von bereicherndem Charakter. Schließlich die Dachfläche und der polygonale Dachreiter mit einem durchaus verspielten Dach (was aber kaum auffällt) — das war's!
     Die klassizistischen Stilmittel wurden unbeirrt eingesetzt — eine konsequente Befolgung des Kanons Weinbrenners. Das der große Wert eines verbindlichen Kanons. Auf diese Weise konnten Bauten von vorzüglicher Wirkung entstehen, auch wenn keiner der Großen den Entwurf lieferte. Und so finden wir im Namen des Baumeisters Mutschenlechner einen der Gebäudesammlung dieser Website ansonsten unbekannten Namen.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) örtliche Informationstafel


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