Baukunst in Baden
  FR Konviktskirche (02)
 

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Konviktskirche in Freiburg   /   Christoph Arnold   /   1823-26

Christoph Arnold bedient sich im Falle der Konviktskirche des tertiären Grundtyps, dem Kapellenbau, der sich immer wieder, aber keineswegs so häufig wie der primäre Grundtyp, finden läßt. Arnold selbst initiierte ihn unter Zuhilfenahme barocker Vorbilder, und so taucht der kapellenartige Kirchentypus mehrfach in seinem Oeuvre auf.
     Statt zweier markanter Baukörper, Kirchenschiff und Kirchturm, die sich auf der Eingangsseite (oder Rückseite) spannungsgeladen durchdringen, greift Arnold also zu einer ganz anderen Gestalt — diesmal darf sich das Kirchenschiff auf der Schauseite unbehelligt vom Kirchturme frei entfalten. Auf letzteren wird ganz verzichtet, seine funktionale Rolle übernimmt ein filigraner Dachreiter — ein Motiv, dass man im Stile Weinbrenners auch von den Rathäusern kennt. Hier wie dort leistet er die Unterbringung des Glockenwerks.
     Die Konviktskirche kann ihre Eingangsseite also unbehelligt dem Bild einer tempelartigen Front widmen. Das sich abzeichnende Formenspiel darf Geltung ganz im Sinne des Lehrers Weinbrenner beanspruchen — es ergibt sich demnach eine klar ablesbare Geste: kraftvoll emporstrebend zeichnet sie entgegen ihrer tatsächlichen, ihrer geringen Größe ein monumentales Bild. Nur den niedrigen Sockelstreifen abwartend wuchten vier mächtige Pilaster (wie immer basislos) in die Höhe. Aufgrund der sich in der Mitte tief eingrabenden Nische geben sich alle Pilaster  als kraftvolle, da jeweils in drei Dimensionen wirkende Eckpilaster aus. Sie stemmen den Gebälkstreifen und endlich den Dreiecksgiebel mit plastischem Balkenkopfgesims. Der eigentlich antikem Wesen nacheifernde Dreiecksgiebel spürt jedoch mit der (wie immer) steilen Dachflächen-Neigung eher einheimischer Tradition nach. Soviel zum Grundgerüst.
     Die wünschenswerte Lebendigkeit entsteht durch eine zentrale Weinbrenner-Idee: die Mittelpartie (der mittlere Pilasterabstand) wird nischenartig und tief eingedrückt, wobei der rundbogige Abschluss vor Gebälk und Giebel keineswegs Halt macht. Das Ergebnis ist eine monumentale vertikale Figur, die giebelsprengend in die Dreiecksfläche fährt, wobei der Horizontalgeison noch ein kurzes Stück in die Nische läuft und damit den glücklichen Ausdruck einer Verklammerung der verschiedenen Elemente hervorruft.

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Folgerichtig findet man hier auch den Eingang, der wiederum von zwei empor schnellenden Pilastern, ein Balkenwerk tragend, gesäumt wird. Die über dem Eingang verbleibende Nischenfläche wurde, als ein geeigneter Standort einer zugleich schön schmückenden Heiligenfigur gewidmet (in weiterer Rundnische und auf Balken mit Rollwerk-Konsolen). 
     Der filigrane Dachreiter mit hohem Zeltdach hebt sich in seiner andersartigen — kupfernen — Materialität dankenswert ab von der verputzten Front. Ein wenig nach hinten abgerückt schafft er einen gelungenen optischen Abschluss. Im Detail betrachtet besteht er aus einer würfelförmigen Basis, vier Eckpilastern, die Gebälk und ein geknicktes Zeltdach tragen und im Pilasterabstand die rundbogigen Öffnungen für den Glockenschlag bereit stellen. Ergo das Glockengeschoss des primären oder sekundären Grundtyps en miniature.
     Die Rückseite der Kirche stößt an das gleichfalls von Arnold errichtete Erzbischöfliche Konvikt (Sammlung '4'), die zur Straße gewandte Längsseite besitzt eine unübliche aber keineswegs unglückliche Pilasterordnung, welche in Verbindung mit der Stirnseite dem Kirchenschiff eine konstruktive Wirkung verleiht, zuungunsten der eigentlich preferierten körperhaften. Es mag an eben jener Andersartigkeit liegen, dass man diese elegante und nicht minder kraftvolle Ausführung mit Wohlwollen zur Kenntnis nimmt, gerade im urban bebauten Stadtkörper Freiburgs, dessen historische Gebäudesubstanz ganz selbstverständlich dem Auge reizvolle architektonische Details darbietet — ein körperhaftes und "nacktes" Kirchenschiff hätte sich hier (gerade beim Verzicht auf den üblicherweise als Blickfang eingesetzten Kirchturm) nur wenig eingefügt.
     Einzig unverständlich wirken vielleicht die rechteckigen Frontfenster ob ihrer geringen vertikalen Distanz zueinander. Freilich vermögen sie nicht die geglückte Gesamtwirkung zu beeinträchtigen, die allerdings vis-à-vis des grandiosen gotischen Münsters einen sehr schweren Stand hat!

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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) örtliche Informationstafel

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