Baukunst in Baden
  KA Stadtpalais' (17)
 




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Stadtpalais in Karlsruhe (Innerer Zirkel)   /   Friedrich Weinbrenner   /   1816

Das typische klassizistische Stadtpalais im Stile Weinbrenners, demselben auch persönlich zugeschrieben.
     Ein Mittelrisalit tritt also vor zwei Seitenflügel — des ersteren Ausbildung als Tempelfront kann zweifellos als gelungen betrachtet werden, insbesondere dank des vertikalen Versatzes im weit ausladenden Balkenkopf-Dachgesims, der den Eindruck einer "Durchstoß-Bewegung" evoziert. Die vornehmen ionischen Pilaster (wie immer bei diesem Typus drei Interkolumnien) und das von ihnen gehaltene Gebälk treten deutlich vor die Fassade, wodurch das konstruktive Moment dieser Tragglieder Betonung findet, und eine gesteigerte gestalterische Eigenständigkeit des Risalits gegenüber den körperhaften Seitenflügeln entsteht. Leider schmälern die überlappenden Holz-Klappläden diesen Eindruck.
     Gut gewählte Fensterformate strukturieren die Fassade: die Öffnungen des Piano Nobile erhalten standesgemäß feine Rahmenprofilierung, sowie Rollwerk-Konsolen Balkenverdachungen tragend. Von der über ihnen platzierten Fensterreihen heben sie sich auch dank größerer Höhe deutlich ab — erstere sind als vollwertige Geschossfenster mezzaninartig verkleinert, dem Fassadenaufbau Harmonie und einen Abschluss liefernd. Die Reihung der Fenster ergibt im Zusammenhang mit den Klappläden eine horizontale Gegentendenz zum vertikalen Risalit.
     Der kleine Frontbalkon erstreckt sich nur zwischen den beiden mittleren Pilastern und bildet somit keine horizontale Gegentendenz zum aufstrebenden Risalit — ein über die gesamte Risalitbreite gezogener Balkon hätte genau diese bremsende Wirkung erzielt; Weinbrenner hielt sie hier offensichtlich nicht für angebracht.
     Das Sockelgeschoss ist durch Umbauten leider beinahe völlig entstellt. Im Falle des Stadtpalais sollte sich ein Sockelgeschoss von der auf ihr sitzenden Gebäudepartie homogen unterscheiden um die horizontale Wirkung zu unterstützen. Der jetzige Zustand kann dieses nicht leisten und stört den Gesamteindruck erheblich.
     Eine ausgesprochen merkwürdige Wirkung ergibt sich durch die Freistellung des Gebäudes (seit 2007 durch umfangreiche Nachbarbebauung wieder aufgehoben), welche durch die Bombardements des Zweiten Weltkrieges, die sämtliche anderen Partien des betreffenden Stadtblockes zerstörten, erzwungen.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Joachim Göricke: "Bauten in Karlsruhe", Verlag Braun Karlsruhe, Ausgabe 1980; hier Friedrich Weinbrenner zugeschrieben
3) Friedemann Schäfer: Klassizismus - Stadtspaziergänge in Karlsruhe, G. Braun Verlag Karlsruhe, 2008; von Friedrich Weinbrenner für den jüdischen Händler Abraham Ettlinger 1815 entworfen

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Arbeitsgericht in Karlsruhe (Ritterstraße)  /  1905

Erfrischende Variation eines Stadtpalais' und gleichzeitig bestes Beispiel für die außerordentliche Aufwertung durch einfache Anbringung von Pilastern. Das Stadtpalais ist zunächst profanes Bürgerhaus, kann sich nicht einmal eines Mittelrisalits erfreuen — die Aufnahme in den gehobenen Kreis der Stadtpalais geschieht endlich und denkbar einfach unter Hinzunahme von sechs Pilastern (mit ionischen Kapitellen).
     Auf den niedrigen Sockelstreifen mit reizvollen liegenden Fensterschlitzen folgt das Sockelgeschoss, welches sich durch Farbgebung und Materialbehandlung (Putzrillen) dankbar vom aufsitzenden Piano Nobile unterscheidet. Die tiefen Putzrillen erweisen sich wieder einmal als ausgezeichnetes graphisches Element — hierzu passend werden die Fensteröffnungen schlicht eingeschnitten und verfügen einzig über die funktionale Fensterbank. Auch der Rundbogen-Eingang dringt reizführend in die Sockelmasse, wobei er den Putzrillen zu strahlenförmiger Anordnung Gelegenheit gibt.
     Nach markantem Gurtband schließlich das Piano Noble — "geadelt" durch ausgearbeitete Öffnungsrahmungen und in der Gebäudemitte zusätzlich mit Balkenverdachungen auf Rollwerk-Konsolen. Darüber die zweite Fensterreihe, mezzaninartig getrimmt durch niedrigere Höhe und einfache Öffnungsrahmungen und auf barocke Weise an das nächste Gesimsband stoßend, welches in Verbindung mit einem Putzband und dem Dachgesims eine Art Gebälk bildet für die ionischen Pilaster.
     Diese sechs Pilaster dürfen sich glücklicher Anordnung rühmen: vier markieren die für ein Stadtpalais unerlässliche Mittenbetonung — als Würdesymbol schaffen sie repräsentativen Charakter, welcher sich auch ohne den eigentlich obligaten Dreiecksgiebel abzubilden vermag. Die beiden anderen Pilaster markieren den seitlichen Fassadenabschluss, dem vor allem die beachtliche Gebäudelänge zu Dank verpflichtet scheint.
     Ein nicht minder interessantes Detail findet sich auf der südlichen Querseite, die zwar fassadenlos an das Nachbargebäude läuft (bis zum Zweiten Weltkrieg das beachtenswerte Gebäude des badischen Landtages von Friedrich Arnold), darüber aber über einen sorgsam geformten Ansatz eines Dreiecksgiebels verfügt, der tatsächlich zwar nach ungefähr zwei Metern abrupt stoppt, aber durch die Perspektive wie zur Gänze ausgeführt wirkt. Fast scheint er dem ja eindeutig zur Straße gerichteten Gebäude eine ganz andere Grundrichtung geben zu wollen — als sei der Nachbarbau rücksichtslos vor die eigentliche Hauptfassade platziert worden.
    Die obige Angabe "um 1830" ist verkehrt! Das Bauwerk wurde erst 1905, also neo-klassizistisch entworfen. Darüber wird das heute als Arbeitsgericht dienende Gebäude zu einem sehr schönen Beispiel des Wiederauflebens von Klassizismus/Weinbrenner-Stil im frühen 20. Jahrhundert.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Friedemann Schäfer: Klassizismus - Stadtspaziergänge in Karlsruhe, G. Braun Verlag Karlsruhe, 2008; Errichtung 1905

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Stadtpalais in Karlsruhe (Kreuzstraße)   /   Johann Berckmüller   /    1811

Stadtpalais in Karlsruhes Innenstadt mit gefälligem Mittelrisalit, heraustretend einer lebendigen Durchgliederung unterliegend.
     Auf dem sandsteinernen Sockelstreifen steht das Sockelgeschoss, rechts und links tiefe Rundbogennischen und mittig zwischen zwei kräftigen, einen Balken wuchtenden dorisierenden Pilastern den noch tieferen Eingang anbietend. Gefällige Rustizierung durch das einfachste Mittel, eingekerbte Putzrillen. Es folgt der das Piano Nobile scheidende Gesimsstreifen, der sich zur Mitte in eine ausladende Balkonscheibe (mit feingliedrigem Eisengeländer) entwickelt.
     Schließlich wurde das Piano Nobile mit dazugehörigen Mezzanin-Fenstern (drei Achsen) spannungsvoll entworfen: die durch Kapitellstreifen (Kämpfergesims) zu Rechteck-Pfeilern veredelten Wandabschnitte sind von anderer Oberflächenart wie der dann folgende Fassadenabschnitt, der über die Rundbögen der Fenster aus vorgenannten schwungvoll heraustritt. Diese optische Zweiteilung erfährt durch die Fenster, die sich aus der unteren Partie durch die Rundbögen in die obere entwickeln eine wohltuende Verklammerung.
     Zu schmächtig geraten leider die Profile des Dreiecksgiebels — ein mehr dominanter Abschluss des Risalits wäre von vorteilhaftem Eindruck gewesen, ebenso wie eine deutlichere Materialscheidung zwischen Piano Noble (unterer Abschnitt) und dem Sockelgeschoss, wobei die gleiche Färbung vermutlich eine unschickliche Maßnahme späterer Zeit darstellt.
     Das kleine Rundfenster mit der fein gearbeiteten Steinrahmung (auch die Bögen des Piano Nobile sind von filigraner Machart) setzt einen reizvollen Schlussakzent — über den rechteckigen Mezzanin-Fenstern greift es wieder die Rundung der Öffnungen des Piano-Nobile auf; insgesamt entsteht durch diese Anordnung ein lebendiger Formenkontrast.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort; Erbauungszeit abgeschätzt
2) Friedemann Schäfer: Klassizismus - Stadtspaziergänge in Karlsruhe, G. Braun Verlag Karlsruhe, 2008; Baumeister und Errichtungsjahr

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Stadtpalais in Karlsruhe (am Ludwigsplatz)   /   Friedrich Arnold  /   1814

Beeindruckende asymmetrische Komposition aus je drei Fensterachsen karger modellmäßiger Fassade und lebendigem detailreichen Pilasterportikus. Letzterer besitzt eine hohe optisch schwer wirkende Kombination aus ungegliedertem flächigem Gebälk und weit auskragendem Dreiecksgiebel mit niedrigen Balkenköpfen unter Horizontal- und Schräggeison, dadurch nochmals an Schwere gewinnend.
     Die vier Pilaster mit den fein gearbeiteten ionischen Pilaster sind sichtlich nicht in der Lage den lastvollen Giebel zu tragen; da sie auch nur knapp vor die Wandfläche treten erhalten sie vollends dekorativen (schön anzusehenden!) Charakter. Diese Sicht verstärkt sich durch die tief in der Fassade stehenden Öffnungen — die Wand zeigt sich dicker und damit stärker als die Pilaster. Zum Piano Nobile gehört des weiteren der sich angenehm über die gesamte Portikusbreite entfaltende Balkon mit kunstvoll gefertigtem auf einfachen geometrischen Formen basierendem Eisengeländer.
     Nicht minder spannend das Erdgeschoss, welches den nun langsam in die Architektur eindringenden Werkstoff (statisch beanspruchtes) Eisen verkündet. Die sechs ausgesprochen dünnen Gusseisen-Stützen (reich verziert) erwecken den Eindruck als würde lediglich der Balkon getragen. Die Lastabtragung des Piano Nobile übernimmt dagegen der hinter ihnen verlaufende verputzte Rahmen. Dieser steht zusammen mit den Stützchen auf einem Sockelstreifen.
     Der plastische, eindeutig vertikale Ausdruck der Portikuspartie rührt nicht zuletzt vom risalitartigen Vortreten gegenüber dem modellmäßigen Abschnitt und der auf der anderen Seite direkt anschließenden Nachbarbebauung.
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Quellen
1) das Bauwerk selbst - Stilmerkmale und Wirkungen; Betrachtung des Gebäudes vor Ort
2) Joachim Göricke: "Bauten in Karlsruhe", Verlag Braun Karlsruhe, Ausgabe 1980

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