Der Residenz eine Renaissance! Ja, der alten Residenz der Markgrafen eine gebührliche Renaissance! Das badische Dornröschen war zu lange schon einem schauerlichen Märchenschlafe anheim gefallen. 1689 gab Frankreichs "Sonnenkönig" auch für Baden-Baden den auslöschenden Befehl. Die "Niemandsland-Politik" Ludwig XIV. pochte auch für die Capitale der Markgrafschaft Baden-Baden auf völlige Zerstörung!
Im August 1689 loderte der Stadtbrand in die Höhe. Ein bis zwei Tage züngelte sich das gewaltige Flammenmeer durch die engen mittelalterlichen Gassen, fraß auch die herrschaftliche Schlossanlage. Dichte und pechschwarze Rauchwolken stiegen empor, verdunkelten sogar das mächtige Himmelsgestirn. "Das Licht ging aus" — eine Symbolwirkung, wie sie der Markgrafenstadt nicht passender hätte sein können!
Wohl wollte die Markgrafschaft nach ihrer völligen Zerstörung — auch die anderen Städte und meisten Dörfer wurden im Pfälzischen Erbfolgekrieg niedergebrannt — neu erstehen. Und nicht umsonst stand einer der großen Helden jener Epoche an der Spitze des kleinen Landes: Markgraf Ludwig Wilhelm, weit bekannter unter seinem Synonym "Türkenlouis". An der Spitze der kaiserlichen Heere focht er für das Deutsche Reich überaus erfolgreich gegen die großen Bedrohungen jener Zeit: im Osten gegen die weit nach Europa eingefallenen Osmanen, im Westen aber gegen die modernste Armee Europas, die Heere des unruhigen Sonnenkönigs. Eilte er zunächst gegen die Osmanen von Sieg zu Sieg, so führte er eben im furchtbaren Pfälzischen Erbfolgekrieg mit zusammengewürfelten Reichstruppen einen erbitterten Defensivkrieg gegen den übermächtigen französischen "Goliath". 1697 endlich der Friede von Rijswick, das Ende des Vernichtungsfeldzuges des Sonnenkönigs.
Da erstand also unter Führung des "Türkenlouis" auch die Markgrafschaft aufs neue. Nur dass dieser entschieden modern geprägte Monarch mit der "Gebirgsstadt" Baden-Baden nicht mehr allzu viel anfangen konnte. Deshalb trat er in die Ebene des Rheintales und machte dort das bisherige Dorf Rastatt, welches allerdings auch vollkommen zerstört, zur neuen Capitale, ja zu einem Musterbild einer barocken Residenz: Schloss und Stadtanlage strebten unverhohlen dem großen Vorbild dieser Tage nach — Versailles.
Welch’ gewaltiger zweiter Schlag aber für das altehrwürdige Baden-Baden! Zuerst die Zerstörung und nun die Versetzung ins zweite Glied! Wie aber als vollkommen zerstörte Stadt wiedererstehen, wenn alle Attraktivität gewichen? Das arme Baden-Baden, eben noch glanzvolle Renaissance-Residenz, es wusste um keine Antwort! Aus der Hauptstadt wurde ein Provinzstädtchen, abgeschieden zwischen den hoch aufragenden Höhen des Nordschwarzwalds. Die Markgrafschaft Baden-Baden war alles nur kein reiches Fürstentum, was aber an Kraft doch vorhanden, musste ganz auf das neue Rastatt verwendet werden. Für Baden-Baden aber fielen nur noch "Brosamen" ab. Mehr und mehr fiel die erste Residenzstadt der badischen Markgrafen in Vergessenheit. Ja, war die Stadt überhaupt wiederaufgebaut worden? Oder war sie noch weiter in den Schwarzwald "hineingerutscht"? Das alte Baden-Baden, es ward kaum noch gefunden!
Und dennoch, eines hatte man ihr nicht nehmen können: heilsame Quellen! Heilsame Quellen, die schon die allererste Blüte des Ortes begründet hatten. Und solche kam aus keiner geringeren Hand als der römischen! Sie entdeckte die hilfreichen Wasser und legte sogleich um 80 nach Christus eine Stadtgemeinde mit dem sinnreichen Namen "Aquae" um die Quellen. Und als im Jahre 213 der Cäsar Caracalla, gleichsam als eine Vorhut der wahren Flut von Berühmtheiten, welche freilich erst viel später folgen sollte, den heilenden Flüssigkeiten einen Besuch abstattete, da fand man in Baden-Baden gar den Hauptort des römischen Verwaltungsbezirks Civitas Aurelia Aquensis.
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