Baukunst in Baden
  Schloß Gamburg
 

Zu den schönsten Burgprospekten Badens zählt auch die langgestreckte Anlage der Gamburg, gar majestätisch thronend nämlich über dem schönen Taubertal zwischen Wertheim und Tauberbischofsheim. Solch effektvolle Ansicht wird im badischen Anteile dieses Tales alleine überboten von der Wertheimer Schlossruine. Aber das ficht unsere Gamburg keineswegs an, denn jene wird nicht umsonst unter die schönsten mittelalterlichen Burganlagen ganz Süddeutschlands gerechnet.
     Nicht nur Fluss und Tal macht sich die Gamburg spätestens seit dem 12. Jahrhundert untertan, auch nämlich einen kleinen Ort gleichen Namens. Die Gamburg thront über Gamburg! Eine dem Auge so seltsame als erfreuliche Erscheinung. Aus dem gelinden Dächermeer steigt ein historistischer Kirchturm (Ende 19. Jahrhundert) spitz in die Höhe. Sein Fassadenmaterial — roter Sandstein — verbindet ihn mit dem Hauptmaterial der Veste. Und auf halbem Weg zu der letzteren steigt ein weiterer Turm, diesmal in wehrhafter Manier, wiederum in rotem Sandstein empor. Weil auch die Gamburg selbst mit genugsamer Türmesilhouette — einem wuchtigen Bergfried und zwei Rundtürmen des äußeren Tores — tritt zur Schönheit dieses Prospektes auch die Markanz eines turmreichen Bildes.
     Die Gamburg, nach ihrer ersten Zeit als ein Lehen des Erzbistums Mainz, kam ab 1546 in den Status eines freiadeligen Gutes; sie wurde zur Residenz einer sehr kleinen Besitzung entlang der Tauber (mit dem Dorf als Hauptort). Und wenn auch die Besitzer noch häufig genug wechselten, so verblieb doch die Unabhängigkeit bis zur großen deutschen "Flurbereinigung" des beginnenden 19. Jahrhunderts. Für ein Jahr kam die Herrschaft noch nach Würzburg, dann dauerhaft an das aufstrebende Großherzogtum.
     Der sehr gute Erhaltungsgrad der Burg verdankt sich fehlender großer Zerstörungen und intensiver Zuwendung der seit 1982 besitzenden Familie. Die Veste auf ihrem Sporn — durch Halsgraben vom Bergkamm abgetrennt — besteht auf ellipsenförmigen Grundriss, dabei eine gewisse Großzügigkeit der Verhältnisse nicht verschmähend. Gleich zwei Ringmauern zeichnen die Bohnenform, aus deren Innerem sich der älteste Bauteil am deutlichsten abzeichnet: der mächtige quadratische Bergfried, der vielleicht noch aus dem 12. Jahrhundert, also aus staufischen Tagen, jedoch ohne die typisch staufischen Buckelquader; vielmehr steht der mächtige Quader mit eher glatten Fassaden im Burghofe. Dazu passend leitet ein feines Gesimsband die obere Partie ein.

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Schon die Annäherung an die Gamburg bedeutet nicht geringe Aufmunterung; man wird gleichsam eingestimmt auf die Veste. Entlang des steigenden Weges trifft man zunächst auf den schon eingeführten Wehrturm, ein rundes Gebäu mit zweifach auskragendem Obergeschoss. Und wenn auch der oberste, der durch Holzlatten verkleidete Abschnitt weniger gefällt, so umso mehr die hohen Mauern aus denen der Steinzylinder "herauswächst". Gleich einem wehrhaften Vorposten, diese Komposition. Kurz vor der Gamburg dann noch ein zweiter Turm, wiederum in Rundform und aus rotem Sandstein, markant aus der Ecke eines langen Fachwerkbaus entgegentretend.
     So trat denn auch der Autor in bestens vorbereiteter Stimmung vor die Gamburg. Alleine der vorbildliche Zustand der Veste ließ schon vom Tale aus ein noch heute genutztes Domizil, damit auch verschlossene Burgtore erwarten. Nach Voranmeldung und Terminabsprache eröffnet der freundliche Burgherr die Tore; mit solchen Vorarbeiten jedoch konnte der Autor nicht aufwarten. Aber auch das unmittelbar vor Augen Stehende, obgleich verschlossen, rief zu entschiedener Anteilnahme auf; beflügelt auch noch von mildester Wintersonne, die neben dem Geäst der entblößten Vegetation, den Mauern der Burg, auch noch den "Puderzucker" jüngsten Schneefalls in ihr schimmerndes Licht stellte. Und nicht zu vergessen die vorzügliche Aussicht hinab ins Taubertal. Für Verdruss war schlicht und ergreifend keinerlei Raum. 
    Alles wird schon von der auffälligen Toranlage bestens initiiert. Ein Zwillingsturmpaar, rückdatierbar bis ins 13. Jahrhundert, flankiert das eigentliche Tor; eine Steinbrücke führt auf den Rundbogen zu. Die Konstellation als Doppelturmanlage, ein in Baden sehr seltenes Arrangement, gefällt sehr; umso mehr als links davon der Blick weit in die Landschaft geht. Auch die Türme selbst machen gute Figur: Auskragungen ruhen auf Rundbogengesimsen, Schießscharten dürfen denn nicht fehlen.
     Und wie links der Blick vom Tor in die weite Landschaft gebannt wird, so erheischt rechts der schon beschriebene Bergfried. Dessen Form und Wucht in feinem Kontrast zum Rund und der Eleganz der Tortürme. Auf dieser Seite gewahrt man auch den Anschluss der äußeren Ringmauer bestens — wenige Meter weiter und höher dann die innere Ringmauer. Indessen tritt auch eines der insgesamt sieben Rondelle der äußeren Umwehrung ins Bild. Teilweise eingerissen, ergänzt es um typischen Ruinencharme. Dieser nun kommt umso erbaulicher, als in nächster Nachbarschaft ein schmuckvoll gearbeitetes Barocktor, welches den Weg in den rückwärtigen Bereich der Burgumgebung versperrt. Das rohe mittelalterliche Gemäuer und das schöngeistige, detailreiche Kunstwerk stehen in trefflichem Kontrast.

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Vom Hauptgebäude, das vom Tal aus als größtes Volumen der Burg ins Auge sticht, kann an dieser Position, vor verschlossenem Tore nur wenig erkannt werden. Es ist ein winkelförmiger Palas des ausgehenden Mittelalters, des 15./16. Jahrhunderts. Fußend noch auf dem ursprünglichen, romanischen Gebäude zeigt es gemäß der Erbauungszeit vor allem Details aus Gotik und Renaissance.
     Der Winkel, der im Osten direkt an die innere Ringmauer anschließt, zeigt zwei Schenkel sehr ungleicher Länge, wobei der eindeutig dominierende der vom Taubertal so auffällige. Auch dieser selbst ist bei gleicher Flucht und Höhe anschaulich zweigeteilt. Der rechte Anteil (vom Tal geblickt) zeigt weißen Verputz, an den Ecken rote Quaderung — der linke dagegen roh seinen Sandstein. Ihre Zweiteilung lässt sich denn auch an den unterschiedlichen Einbauhöhen der Fenster bemerken. Letztere, an beiden Partien nicht unregelmäßig gestreut, zeigen Gewände im Stil der Renaissance. Der verputzte Flügel präsentiert überdies in Richtung Tor einen schönen geschweiften Giebel selber Stilart; außerdem sitzt hier ein erkerartiger Anbau mit Dachhaube.
     Was den kurzen Schenkel unseres Winkels angeht, so zeigt er wie sein unmittelbarer Nachbar roten Sandstein. Für den talwärts blickenden Giebel treppt sich dieser zu einem wuchtigen gotischen Stufengiebel.
      Zu ergänzen bleibt die Hauptburg um Nebengebäude am wuchtigen Bergfried, sowie das zweite Burgtor, welches mit Jahreszahl von 1761 durch die innere Ringmauer führt. Außerdem geht eine ungewöhnlich große Terrasse von der Renaissance-Giebelfassade des Palas aus. Auch sie, als dem Bergfried gleichsam vorgelagerte, tritt deutlich in den vom Tal zu sehenden Prospekt. Mag man von hier aus einst ratlosen, vielleicht sogar bangen Blickes auf den riesigen, durch das Taubertal ziehenden Bauernhaufen geblickt haben. Die Landmänner hatten sich wider die Unterdrückung und lebensbedrohliche Ausbeutung 1525 zum großen und allgemeinen Bauernaufstand erhoben. Und auch die Gamburg stand auf dem "Wunschzettel" zur Eroberung, Plünderung, vielleicht sogar Niederbrennung. Da musste denn kein geringerer als der Goethe-berühmte Ritter Götz von Berlichingen, den die Bauernschaft sich zum Anführer bestimmt, entschieden das Veto eingeben um die Erstürmung noch abzuwenden. So ward dem ausgehenden Mittelalter nicht nur eine Burg gar bis ins 21. Jahrhundert gerettet, da ward also der Gamburg auch noch ein schöner historischer Farbtupfer gesetzt.

Schloss Gamburg [Link] bei Schlösser und Burgen in Baden-Württemberg.


Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Burg, Ort und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester  "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Website  
www.werbach.de (Gamburg ist Ortsteil von Werbach)
4) Website
burgeninventar.de
5) Website burgenwelt.de

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