Das kleine, dafür umso besser erhaltene ehemalige Kloster im Dorfe gleichen Namens, liegt südlich und nahe bei Freiburg im hinteren Möhlintale. Die reizvolle landschaftliche Einbettung der Gebäulichkeit wird um eine Hanglage erweitert. Da steht es denn liebreizend und monumental zugleich im Hochschwarzwald.
Auch weiß das 1806 säkularisierte Benediktinerkloster um eine weit zurückreichende Historie. 1072 ward gegründet, noch auf dem kleinen Tuniberg in der Rheinebene. Einmal zog es noch um, dann noch einmal. Endlich gab es sich in den 1080ern mit der noch heute vertrauten Lage zufrieden. Maßgeblich beteiligt am Umzug nach dem schönen Möhlintal, der Cluniazensermönch St. Ulrich, nach welchem dann der Ort spätestens ab 1338 benannt (urkundliches Zeugnis). Der Titelheilige, welcher denn auch hier verstorben und im Gotteshaus bestattet, er gehörte der reformistischen Kongregation von Cluny an, was denn zum Kuriosum führte, dass das Priorat St. Ulrich erstes und einziges Cluniazensermännerkloster auf rechtsrheinischem Gebiet.
Von solcher Besonderheit ließ sich wohl zehren, aber im Gefolge des allgemeinen Niedergangs der Cluniazensischen Bewegung schrumpfte auch unser Priorat. Ab dem Jahre 1445 kam man politisch zu Vorderösterreich und offiziell ab 1578 ward man "Zweigstelle" der großen und einflussreichen Benediktinerabtei St. Peter im Hochschwarzwald (siehe Wanderungen Band ‘2‘).
Die Klosterbauten litten vor allem im 15. Jahrhundert als zweimalige Brandopfer. Nicht weniger verheerend ein Brand des Jahres 1611, dann der nächste 1638 zu Zeiten des mordbrennenden 30jährigen Krieges, als hier französische Truppen plünderten und zerstörten.
Im 18. Jahrhundert – langsam kehrte wieder Ruhe ein, nachdem noch Ende des 17. Jahrhunderts Holländischer Krieg und Pfälzischer Erbfolgekrieg schlimm wüteten – machte man sich an die Wiederbelebung des Dahinsiechenden. Und da konnte denn Badens Klosterbauer Nummer Eins: der Vorarlberger Baumeister Peter Thumb nicht ferne sein. Für die Mutterabtei St. Peter hatte er die Entwürfe geliefert, warum also nicht auch für St. Ulrich; wie denn auch die Maler/Stuckateure/Bildhauer für die Innenräume vor allem des Gotteshauses, aber auch des Prioratsgebäudes nur von St. Peter abgesandt sein konnten.
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Peter Thumb aber ward für das kleine Kloster offenkundig ein gehöriger Sparzwang auferlegt worden. Denn was hier um 1740 unter Wiederverwendung einiger gotischer Partien zum Stehen kam, weiß sich nur das Modernismus-geprüfte Auge schlichter zu denken. Keine andere Klosterkirche Thumbs kommt äußerlich so bescheiden daher. Das kleine verputzte Kirchenschiff wird alleine von langen Rundbogenfenstern und einem strengen, leicht nach vorne tretenden Rahmenwerk gegliedert. Ja selbst ohne Campanile musste Thumb auskommen, durfte nur einen Dachreiter aufsetzen. Erst 1763 kam dann die notwendige Belebung durch den Kirchturm, wiederum aus der in Südbaden unangefochten herrschenden Hand der Vorarlberger Barockschule. Baumeister Johannes Willam führte aus. Der Campanile, obgleich ebenfalls sehr bescheiden, erbringt den entscheidenden baulichen Reiz: durch eine angenehme Zweiteilung des verputzten Turmkorpus und vor allem durch die mächtige und sich lustvoll ausbeulende Dachzwiebel mit hoher Laterne. Sie die einzige äußere Partie, die von barock-typischer Üppigkeit erzählen darf.
Das Innenleben des einschiffigen Langhauses (Saalkirche) dann das übliche formenfreudige Fest, das den Barock berühmt gemacht hat. Die reichen Altäre insbesondere wollen entrücken.
Wiederum reichlich unprätentiös das 1741 neu errichtete Prioratsgebäude, rechtwinklig an die Kirche gesetzt. Barocke Fassaden, die ihre bescheidene Ansehnlichkeit alleine sparsamen Gliederungselementen verdanken. Das Mindestmaß an Details, um das betrachtende Auge nicht durch Kahlheit abzuschrecken, wird abgesetzt. Gotteshaus und Priorat wurden nach der Säkularisierung als Pfarrkirche und Pfarrhaus weiterverwendet, was im Gegensatz zu vielen anderen Klöstern also den Erhalt der Anlage zu sichern vermochte.
Schön anzusehen der Eingang auf die Anlage: ein Torbogen, dessen Rahmung noch auf Renaissance-Tage deutet. Hat man die Mauer durchquert, mag der Unvorbereitete nicht wenig überrascht werden. Denn linker Hand erhebt sich der bedeutendste Schatz St. Ulrichs, ja eines der wichtigsten Kunstartefakte ganz Badens! Es ist ein ungewöhnlich großes Taufbecken, dessen Wurzeln als genuin romanische zumindest bis ins frühe 12. Jahrhundert zurückdatieren. Die rotsandsteinerne Taufschale – im Freien stehend, aber überdacht – besitzt einen Durchmesser von 2,60 Metern; ein wuchtiger Schatz, durch einen Schmuckfries, welcher ein Tierfigurenband, Propheten, Szenen des Alten Testaments, die Apostel, und freilich Christus (gleich zweimal) abbildet, in romanisch-einfacher Manier geziert. Natürlich haben ihm die fast tausend Jahre zugesetzt; so sind einige Partien herausgebrochen, haben die Figuren an Relieftiefe verloren. An der Bedeutung dieses Werkes, von welchem man allenfalls in Frankreich Parallelen findet, ja dessen eigentliche Herkunft unbekannt, ändern diese "Knabbereien" indessen nichts.
St. Ulrich, die gediegene barocke Schönheit, mit liebreizender Landschaft eng verbunden, gewinnt denn über das Taufbecken auch seine überregionale Bedeutung.
Quellen 1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Ort und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Website www.la-bw.de/kloester (Klöster in Baden-Württemberg)
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