Baukunst in Baden
  Schopfheim
 

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Schopfheims kleine Altstadt ist schon historisch der urbane Farbtupfer des Wiesetales. Letzteres, als von nur gelinden Höhen gesäumtes, ist aus Richtung Süden betrachtet das erste Schwarzwaldtal, das seinen Verlauf gen Rheinebene nimmt. Dem Markgräfler Lande angehörig, liegt das Tal und damit auch Schopfheim im Südosten dieser relativ großen, bis ins 18. Jahrhundert baden-durlachischen Besitzung. Während in der Historie die Burg Rötteln nebst kleinem zugeordnetem Stadtkörper den Ausgang des Wiesetales bewachte, so lag das 807 erstmals genannte und um 1250 zur Stadt erhobene Schopfheim mehr am Ende des noch breiten Anteils der Senke.
     Will man zur feinen Altstadt gelangen, so hat man auch im Falle Schopfheims die typischen unansehnlichen, dafür freilich funktionalen Ausuferungen des 20. Jahrhunderts nicht wenig zu durchleiden. Am Ende steht man wieder vor einem historischen Anteil, der, relativ betrachtet, verschwindend klein in der anti-ästhetischen Anschwellung der vergangenen 50 Jahre. Einmal mehr bedarf es dann einiger Momente in der Schönheit historisch gewirkter Stadträume um sich die vorangehenden trüben Einsichten aus dem Kopfe zu schlagen, das ermattete Auge zu neuem Interesse zu erfrischen.
      Gar lieb und reizend die wenigen Straßen und Gassen der kleinen Altstadt, auch noch schön und verständig herausgeputzt; ein kleines und auch ein homogenes Schmuckstück. Dem allgemeinen Schicksale der badischen Städte, zumal wenn die Rheinebene nicht ferne, typischerweise nachfolgend, ward auch das seit 1529 baden-durlachische Städtlein im tobenden 17. Jahrhundert gründlich niedergestreckt. Der 30jährige Krieg und die französische Expansion der letzten drei Jahrzehnte führten hier ebenso das übliche, zerstörerische Schauspiel auf, dem bei solchen Nöten auch immer böse Epidemien auf dem Fuße folgten. Die Stadt war vernichtet, die Bürgerschaft arg dezimiert. Dem folgenden Jahrhundert, dem wieder aufatmenden 18. Jahrhundert, dessen freilich auch gegebenes kriegerisches Potential den Städten zumindest ihr Existenzrecht beließ, war es vorbehalten Schopfheim zu neuem Leben erblühen zu lassen. Bescheiden genug ging es zu, erst recht wenn man die Blüte im ausgehenden Mittelalter bedenkt, als der Stadt auch die Mauern, Wälle und Gräben, die Tore und Türme, ja selbst Adelssitze und ein Stadtschloss nicht fehlten.

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Immerhin aber ward die Stadt wieder aufgebaut, wie denn auch das 19. Jahrhundert noch viel (relativ betrachtet) Bausubstanz hinzufügte. Das denn auch die Hauptzutaten wenn man im beginnenden 21. Jahrhundert die Plätze, Straßen und Gassen Schopfheims abwägt. Zwei bedeutende Zugaben des Mittelalters aber lassen denn doch den gesamten Konstrukt durchaus noch mittelalterlich anmuten.
     Da nennt man zunächst das bedeutendste Bauwerk der Stadt, die Sankt Michaelskirche, welche wuchtig im landgotischen Stile inmitten des urbanen Körpers “thront“, mit dem kraftvollen Campanile diesen Herrschaftsanspruch unterstreicht. Und da gedenkt man des überkommenen mittelalterlichen Stadtgrundrisses, auf welchem die Gebäude des 18. und 19. Jahrhunderts neu ausgeführt. Die Stadträume also, neben der Ausstrahlung von Sankt Michael, vermachen der Altstadt den noch mittelalterlichen Eindruck.
     Nicht dass es hierbei allzu eng und winkelig zuginge. Die Hauptwege nämlich zeichnen eine für solch kleinen Stadtkörper durchaus unübliche Großzügigkeit der Verhältnisse. Die säumenden Bauwerke, allesamt kleinere Bürgerhäuser von zwei bis drei Geschossen, verheißen vor allem Zurückhaltung. Mit Ausnahme des Altstadtrandes, wo im Stile des ausgehenden 19. Jahrhunderts, in der Art des Historismus wieder ein allerdings nicht allzu geschickter Detailreichtum einzog, wird von der Bescheidenheit des 18. und 19. Jahrhunderts berichtet. Letztere ließ wohl Belebung der Fassaden durchaus zu, jedoch immer nur durch gliedernde Elemente wie Fenster- und Türrahmungen, Gesimsbänder und Dachgesimse; hier und da bereichern auch Balkenverdachungen über den Öffnungen (19. Jahrhundert) oder Klappläden. Des weiteren bemerkt man leicht das einheitliche Fassadenmaterial, das entschieden einseitig den Verputz, nirgendwo Sichtstein oder Fachwerk zur Geltung führte. 

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Solche Stilmaßnahmen führten denn von selbst zu einem sehr ausgeglichenen, homogenen Bild des Altstadtkernes. Und man möchte die Prospekte auch ohne weiteres loben, denn die Vielfalt der Putzeinfärbung und die Kleinteiligkeit der Bebauung sorgt für genugsame Abwechslung. Freilich ist man solchem Gleichmaß umso dankbarer, wenn zumindest an wenigen Stellen Auffälliges betont.
     Solch Auffälliges erwirkt am trefflichsten Sankt Michael. Das einschiffige Langhaus schiebt sich kraftvoll in den Stadtkörper. Aus den bleckend weißen Fassaden treten die sandsteingefassten langen Spitzbogenfenster und das Portal umso klarer hervor. Erbaut nach einer Feuersbrunst in den Jahren 1479-81 die typische Monumentalität der Landgotik, der Geist mittelalterlicher Kraft. Übertroffen wird das Langhaus nur noch vom Campanile, welcher über älterem, romanischem Unterbau quadratisch in die Höhe geführt. Der treffliche Farbkontrast weiß-rot kommt hier dank einer Eckquaderung noch besser zur Geltung. Wenige Öffnungen nur, darunter am schönsten die spitzbogigen Maßwerköffnungen der Schallfenster, welche die massive Wirkung des wuchtig Emportretenden kunstvoll bereichern; wie denn auch zwei Gesimsbänder den “Emporkömmling” gliedern. An der Rückseite des Langhauses platziert, behelligt das letztere nur wenig, wirkt der Campanile beinahe wie ein Solist.
     Sankt Michael wurde auch der Anlass zum schönsten Stadtplatz. Eine der beiden Längsseiten nämlich spannt denselben förmlich auf. Nur gering an Ausdehnung und durchaus unregelmäßig, weist er noch ohne weiteres auf mittelaltertypische Enge und Winkeligkeit. Solche wird denn von der kirchlichen Landgotik beflügelt, wie auch von einigen spätgotischen Details der hier befindlichen Stadthäuser. Hier hat man offenkundig eine kleine Stadtpartie vor Augen, deren steinerne Natur den Feuern des 17. Jahrhunderts trotzte. Umso mehr also erfreut man sich an den mittelalterlichen Stücken auch der Stadthäuser; dergleichen bekommt man ansonsten in Schopfheim kaum noch zu sehen. Selbst das Stadtschloss nämlich und die Adelssitze, die oben eingeführt, gingen durch die gewaltsamen Zerstörungen ganz verloren.

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Mag man aus dem Altstadtkern noch einen umgebauten Torturm erwähnen, der durch seine markante vertikale Proportion angenehmer Blickfang am Ende einer der Hauptwege.
     Die zweite Hauptsehenswürdigkeit nach Sankt Michael zeigt das Rathaus, welches am Rande der Altstadt situiert. Es stammt aus Tagen, als das Markgräflerland nicht mehr Sprengbesitz im weit umschließenden habsburgischen Vorderösterreich, sondern mit demselben schon seit rund zwei Jahrzehnten im Großherzogtum Baden aufgegangen. 1826 ward das Rathaus im Stile des badischen Klassizismus, im einzigen wirklich badischen Stile ausgeführt. Dessen Initiator der vor allem Rom-geprägte Oberbaudirektor Friedrich Weinbrenner, der selbst und durch seine Schüler in den ersten vier Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts überall in Baden Werke ausführen ließ, die im allgemeinen Geiste dieser Zeit das Formenvokabular der griechisch-römischen Antike als wichtigste Inspiration begriffen. Das Schopfheimer Rathaus darf hierunter ohne weiteres als ein Vorzeigbeispiel genannt sein. Typischerweise moduliert das zweistöckige, längliche Gebäude für seine Mittelpartie die Gestalt der antiken Tempelfront. In der speziellen Manier des Weinbrennerstiles trat ihr eine entschieden kraftvolle, eine durchaus wuchtige Grundhaltung hinzu. Dem tiefer Interessierten sei der Artikel unter “Im Stile Weinbrenners” anempfohlen. 
     Mit seiner weniger auffälligen südlichen Seitenfassade begrenzt das Rathaus den größten historischen Stadtplatz. Dieser, durchaus von angenehmer Wirkung, wird von weiteren Bauten des 19. Jahrhunderts konstituiert, worunter aber alleine das Rathaus von besonderer Ansehnlichkeit. Schon das 19. Jahrhundert zeigte je fortgeschrittener desto deutlicher die abnehmende Fähigkeit, der Architektur und dem Städtebau echte Schönheit zu erwirken. Es wurde gleichsam zum Übergang zwischen der historischen Kunstfähigkeit und dem die Baukunst vollends verwerfenden, einseitig funktionalen 20. Jahrhundert. Sei auch in Schopfheim jedem der Kontrast zwischen Baukunst und Modernismus anempfohlen, um den tatsächlichen Möglichkeiten unserer Tage auf den Grund zu gehen.


Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale und Jahreszahlen; Stadt und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester  "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Homepage der Stadt 
www.schopfheim.de

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