Das seit 1452 mit Stadtrechten versehene Hüfingen liegt nahe Donaueschingen. Als eine der wenigen Städte des Fürstenberger Fürstentumes lag es also auch noch in unmittelbarer Nähe zu dessen seit dem 18. Jahrhundert als Residenz dienendem Hauptsitz. Mit derselben teilt man also die landschaftliche Einbettung auf dem weitläufigen Hochplateau der Baar. Jene nun, sanft geschwungen und ohne weiteres gefällig, jedoch in der nächsten Umgebung in Ermangelung von natürlichen “Brüchen” ohne gefangen nehmende Reize, mag auch schon den Charakter Hüfingens widerspiegeln.
Als die Stadt 1620 vom zunehmend verarmenden Ortsadel der Schellenberger (im frühen 19. Jahrhundert gar “ausgestorben”) an das mehr und mehr aufblühende Fürstenberg kam, besaß die befestigte Anlage keine geringe Ausdehnung, war mit Gotteshaus und Schloss ausgestattet. Auch die Fürstenberger ließen der Stadt ihre Aufmerksamkeit angedeihen, welche sich denn zumeist an eingreifenden Umbauten der Stadtkirche und des Schlosses manifestierte, welche beide, man schrieb das 18. Jahrhundert, zeitgemäß barockisiert wurden.
Jene zwei Bauwerke nun, sie spielen noch im frühen 21. Jahrhundert die Hauptrolle in der ansehnlichen Stadtgestalt Hüfingens. Beide spannen nämlich gleichsam als anziehende Pole die wichtigste Wegstrecke der Stadt, die nicht allzu lange Hauptsstraße attraktiv auf. Hat man die letztere betreten, welche als ein ästhetischer Gewinn noch weitgehend von historischer Bebauung vor allem des 18. und 19. Jahrhunderts konstituiert, so findet das abwägende Auge im Norden die Stadtkirche, respektive deren treffliche Turmspitze und im Süden das durchaus bullige Schloss als blickfangende Endpunkte. Diese städtebauliche und architektonische Situation darf zweifellos als schönstes Stück Hüfingens Geltung beanspruchen.
Die Hüfinger, mit berechtigtem Stolz auf ihre Altstadt, haben sich im ausgehenden 20. Jahrhundert viel Mühe um das Stadtbild gemacht, welches denn solche Pflege ohne weiteres widerspiegelt. Alleine dem aufmerksamen Beobachter bleibt dennoch nicht verborgen, dass es dem sorgsam umhegten Stadtkörper an gestalterischen Höhepunkten durchaus ermangelt. Bildlich gesprochen löffelt man aus einer Suppe, der man den Beifall nicht versagen wollte, würde nur einiges mehr Gewürz den Geschmack bereichern. Weil nun aber der Beginn der Besichtigung die “Hauptzutaten” Schloss und Gotteshaus nur unter größter Geistesabwesenheit verpassen kann, dieselbe dergleichen Bereicherung in den weiteren Straßen und Gassen nur noch rudimentär verzeichnen kann, so hat man das Gute schon am Anfang verzehrt und müht sich je länger desto entschiedener mit — nennen wir es “geschmacksneutralen” — Beilagen. Weil aber der Gesamteindruck immer in Gefahr von den letzten Wahrnehmungen bestimmt zu werden, so ist die Rückkehr auf die initiierende Hauptachse mit ihren beiden Polen nur umso hilfreicher um die Einschätzung nicht einer Ungerechtigkeit anheim fallen zu lassen.
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Will man die Stadt aus der für gewöhnlich preferierten südlichen Richtung betreten, so strahlt sogleich das den Altstadtrand definierende Stadtschloss bleckend weiß entgegen. Es ist ein auf mittelalterlichem Vorgänger beruhender Barockbau des Jahres 1712. Das langgestreckte dreigeschossige Gebäu beeindruckt wohl durch schiere Masse, nirgendwo aber durch besondere Kunstgriffe. Streng, kasernenartig werden die nur einfach gerahmten Fenster aneinander gereiht. Und hätte man nicht das mittelalterliche Obere Stadttor als gleichfalls barockisierten Umbau dem Schlosse an dessen östlicher Querseite zum reizvollen Akzent beigefügt, man stünde alsbald ein wenig ratlos vor der ungeheuren Volumen.
Man fühlt sich an das gleichfalls fürstenbergische Schloss in Wolfach (Kinzigtal) erinnert, das ebenso einen mittelalterlichen Vorgänger nutzte um ein nur durch Ausdehnung beeindruckendes Barockwerk zu schaffen, dessen einzige bedeutende Zierde wiederum ein Stadttor stellt. Weil aber das Wolfacher Stadtschloss hier und da doch mit nennenswertem Fassadenschmuck, so gebührt diesem der gestalterische Vorzug; wie dieses als gleichsame “Talsperre” auch im Vorteile eines bedeutenden landschaftlichen Reizes.
Im übrigen zeigte ja selbst das barocke Donaueschinger Residenzschloss nur wenigen Fassadenaufwand. So mühten sich denn die Fürstenberger erfolgreicher um quantitativen als um qualitativen Palastbau.
Trefflich der Übergang in die Altstadt, welche durch den Rundbogen des schon eingeführten Oberen Tores gelingt. Solche Definition des historischen Stadtkörpers ist demselben immer Gewinn. Sodann also die breite Hauptstraße, deren Großzügigkeit auch den hier noch aufgenommenen Autoverkehr verwindet. Die zurückhaltenden säumenden Bürgerhäuser, homogen zwei- bis dreigeschossig gebaut, zeigen durchgängige Traufständigkeit. Mit ihren Traufen, Dachflächen also zur Straße zeigend unterstreichen sie vor allem die Ruhe dieses homogenen Stadtraumes und weit weniger ihre jeweilige Eigenständigkeit. Im ganzen würde man sich unter diesen ruhigen Bürgerhäusern mehr kunstvoll erwirkte Auffälligkeit, Akzentuierung wünschen. Umso entschiedener vereint also die markant geformte Turmspitze der Stadtkirche, welche über der östlichen Hausreihe perspektivisch gleichsam thront, alle Blicke auf sich.
Der wuchtige quadratische Unterbau des seitlich des Chores platzierten Campaniles verjüngt sich gar ansehnlich. Zunächst wird die Wucht des Quadrates gegen die Eleganz eines wenn auch kurzen Oktogons vertauscht. Dann strebt als Dach eine entsprechend achtseitige Pyramide steil in die Höhe. Letztere, durch die Merkwürdigkeit grüner Dachziegel nur umso auffälliger, wurde dem gotischen Campanile um das Jahr 1600 aufgesetzt. Aus der Nähe betrachtet gefallen am Turm auch mehrere Maßwerkfenster, aus auch größeren Fernen aber springt entschieden die grüne Pyramide ins Auge. So wurde in der hier topographisch wenig bewegten Baar die Spitze von “Sankt Verena und Gallus” zum markanten Wahrzeichen Hüfingens.
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Auch das Langhaus der mindestens seit dem 12. Jahrhundert bestehenden Kirche weiß zu gefallen: ein barocker Bau, der der grundsätzlichen Zurückhaltung durch mancherlei Schmuckanbringung zu gefälliger Ansicht verhilft. Die Vorderseite steht dabei direkt an der Hauptstraße und markiert bereits deren historischen Abschluss, der einst wenige Meter weiter durch ein im 19. Jahrhundert abgetragenes Stadttor vollzogen wurde.
Mögen an dieser Stelle weitere geschichtliche Eckdaten das historische Interesse des Lesers befriedigen. 1083 ward Hüfingen noch als "Huivinga" in den bis heute überdauernden schriftlichen Zeugnissen das erste Mal genannt. Der lokale Adel der Blumberger hatte die Ansiedlung, bestehend aus Wasserburg und befestigter Anlage im 13. Jahrhundert in der Hand. Ein Jahrhundert später (1383) war sie in den mittelalterlichen Wechselfällen des Lebens dann an die Schellenberger Herren übergegangen. Jene nun tragen den Hauptverdienst am heutigen Stadtgrundriss, indem sie den bis dato nur kleinen befestigten Anteil (nur der Osten der heutigen Altstadt) um ein zwischenzeitlich entstandenes Dorf, auch im Jahre 1523 um den Vorgängerbau des nachmaligen Barockschlosses, in die noch heute gut nachvollziehbare historische Ausdehnung erweiterten. Alles ward freilich in mittelalterlicher Manier ummauert und mit Türmen und Gräben versehen. Jenes nun schien umso ratsamer als die Ansiedlung ja 1452 mit den begünstigenden Stadtrechten versehen. Eine vorzügliche Ansicht des 17. Jahrhunderts im übrigen zeigt nicht nur die städtische Schönheit auf ihrem Höhepunkt, auch nämlich ordnet sie den definierten Siedlungskörper gar romantisch in die Landschaft und führt ein noch heutigentags munter plätscherndes Gewässer, namentlich die alsbald in die Donau mündende Brege, malerisch in den Vordergrund (Südseite).
Das (ausgehende) Mittelalter, welches Gegenstand der historischen Betrachtung, war auch maßgebend für die beiden letzten zu betrachtenden Bauwerke, die verbleibenden Hüfinger Gebäude, die neben einer mehrfach noch zu beobachtenden bauhistorischen Wichtigkeit auch in einem dem betrachtenden Auge besonders nützlichen Kleide. Sei zuvörderst nochmals der Stadtbefestigung gedacht, welche neben dem erwähnten Oberen Tor und einigen kaum attraktiven Mauerresten auch noch um einen erhaltenen Turm weiß. Es ist ein Rundturm, der, sorgsam verputzt, neben der gedrungenen wuchtigen Form durch seinen hohen Dachkegel gefällt. Neuere Zeiten haben ihm große Fenster "zugefügt", welche wohl dem wehrhaften Charakter zuwider, freilich ohne den malerischen Eindruck dieses dicken "Dinges" zu beschädigen.
Das zweite Gebäu entstammt eigentlich der barocken Neuzeit, der Jahre 1715 und 1750 (nach Brand), gefällt aber vor allem durch seinen gotischen Treppengiebel. Möglicherweise stammt dessen monumentale Ansicht noch vom mittelalterlichen Vorgänger, der schon 1523 als den Schellenberger gehörende Stadtmühle ausgewiesen. Was den Reiz dieses Baus weiter befördert, ist der noch heutigentags vorbeiziehende Mühlbach.
Als hätte man versucht mit dem wenigen "Gewürz" das möglichste zu erreichen, liegen — nach dem Schloss im Süden, der Stadtkirche im Norden — die Mühle im Osten und der dicke Turm im Westen des Altstadtrandes. Mag man solchen "Geschmacks-verstärkern" zutrauen, einen insgesamt angenehmen Eindruck Hüfingens zu erwirken.
Quellen 1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale und Jahreszahlen; Stadt und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Homepage von Hüfingen www.huefingen.de
4) Informationstafeln vor Ort
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