Die Geschicke Badenweilers reichen weit zurück, als nämlich zeitgleich mit dem "großen Bruder" dieses Bade- und Kurortes, mit dem weltberühmten Baden-Baden das römische Weltreich an Germanien Geschmack gefunden. Die Germanen jedoch, zähester Natur, wollten sich mitnichten wie die gesamte Mittelmeerregion einfach "verspeisen" lassen. Und am Ende musste denn ein bedeutender Grenzwall, der bekannte "Limes", die eingedenk der gesteckten Ziele relativ bescheidenen Gebietsgewinne sichern. Solcher Grenzbefestigung, respektive den von derselben gesicherten Ländereien sollten in der kultivierten Art der Römer auch die Annehmlichkeiten keineswegs ermangeln. Besondere Funde, und im Falle von Baden-Baden und Badenweiler waren dies heilsame oder anderweitig nutzbringende Wasserquellen, gaben denn Anlass zu besonderen Gründungen. So erwuchsen den beiden Schwarzwaldtälern alsbald römische Siedlungen, römische Badanlagen. Ein römisches Bad, errichtet ungefähr ab dem Jahre 75 nach Christi Geburt, machte also für Badenweiler den Anfang.
Noch heutigentags bedeutet eben diese Badanlage einen großen Ruhm für die Stadt. Was hier nämlich zwischen der nicht weniger gerühmten Cassiopeia-Therme und dem steil aufsteigenden Schlossberg in seiner Grundstruktur noch bestens zu gewahren, eben die Ruine der römischen Badeanstalt, darf sich als besterhaltene Badruine ganz Deutschlands verstehen!
Nachdem Badenweiler nur als "Baden" im Jahre 1028 das erste Mal urkundlich greifbar, kann man auch auf den sehr frühen erstmaligen Bericht einer Badnutzung im Jahre 1408 unbedingt verweisen. Ein Bürger verabreichte Bäder in einem "heidnischen Bad"! Waren etwa seinerzeit noch Reste der römischen Anlage intakt genug zu solcher Nutzung? Gleich ob nun seinerzeit eine neuerliche Badnutzung begann, oder ob diese vielleicht noch früher wieder eingesetzt ward, mit solcher Nutzung blieb Badenweiler fortan fest verbunden. Und wie beim "großen Bruder" Baden-Baden kam es im Verlauf des 18. Jahrhunderts zu einem gelinden Aufschwung, der dann im folgenden Jahrhundert zu einer regelrechten Blüte sich fortschrieb. Und jene glücklichen Tage, Badenweiler war nun in der süddeutschen Bäderlandschaft fest verzeichnet, sie schrieben sich bis ins frühe 21. Jahrhundert fort (ungeachtet freilich mancher Schwankung in der Beliebtheit des Ortes).
Man mag Badenweiler, welches ungefähr auf halber Strecke zwischen Freiburg und Basel, umso sichereren Sinnes als Baden-Badens "kleinen Bruder" sehen, weil es im guten wie im schlechten dessen Schicksal teilt. Das Gute erbringt die einfassende Landschaft des Schwarzwaldes, welche Badenweiler wie Baden-Baden bedeutende Reize einbringt, die unbedingt zu nennen, will man sich den Aufstieg und die Bekanntheit der zwei Bäder begreiflich machen. Was Baden-Baden die mächtigen Erhebungen des Nordschwarzwaldes, das sind dem kleinen Bruder die noch größeren des Hochschwarzwaldes. Badenweiler nämlich liegt zu Füßen des "Blauen", einer der höchsten Erhebungen überhaupt des langen, zur Rheinebene dumpf leuchtenden Höhenzuges.
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Das Schlechte wagte einmal mehr Ludwig XIV., Frankreichs "Sonnenkönig", der nämlich neben so vielen anderen Städten, Burgen und Dörfern in der Rheinebene auch zuerst Badenweiler (1678 im Holländischen Krieg), später Baden-Baden (1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg) vom Angesicht der Erde tilgen wollte. Der rechtsrheinischen Niemandspolitik des "Fuchses" nämlich sollte der Niedergang der sämtlichen(!) Gebäulichkeiten entsprechen. Ein bis dato ungekannter Akt der Zerstörungswut! So kamen die getreuen Schergen also 1678 nach Badenweiler, zerstörten die Häuser des unbefestigten Ortes und mit noch größerer Vordringlichkeit die hiesige mächtige Burganlage, deren überdauernde ruinöse Reste man noch heute "Baden" ruft.
Badenweiler war seinerzeit einer der Hauptorte der südbadischen Besitzung namens "Markgräflerland", ein Name, der gleichfalls noch dieser Tage gerne benutzt und der auf den seinerzeitigen Inhaber, die Markgrafen von Baden-Durlach hinweist. Seit 1503 befand sich Badenweiler durch Erbgang in jener Besitzung. Und 1678 wurden in selber gründlicher Zerstörungsmanier auch die beiden anderen Hauptburgen des Markgräflerlandes niedergerissen: die noch deutlich größere Rötteln (bei Lörrach) und die ungefähr gleichgroße Sausenburg (bei Kandern). Nirgendwo war an einen Wiederaufbau der ohnehin veralteten Bollwerke zu denken und so nutzte man die Gemäuer zumindest teilweise als billige Steinbrüche oder beließ einfach Wind und Wetter das natürliche Verfallswerk.
Bedeutende Mauerzüge blieben der "Baden" denn doch erhalten, welche auf ihrem steilen Ooolithfelsen wie von selbst zum Wahrzeichen Badenweilers wurden. Das Bild könnte romantischer nicht gedacht werden: aus dem sich beständig anhebenden Schwarzwaldtal, welches ja von eindrücklichen Höhen gesäumt, wächst der Felsen entschieden in die Höhe, gleich einem Ausrufezeichen, und den zu Füssen liegenden Altort gleichsam vor der Rheinebene "versteckend". Drehen wir im Geiste und entgegen des deutschen Gebrauchs das "Ausrufezeichen" einfach um, so hat die mächtige Ruine gewiss als der Punkt unseres Satzzeichens die besondere Ehre.
Badenweiler aber konnte im Gegensatz zur Veste wiedererstehen. Alleine wie auch in Baden-Baden ging es dabei zunächst sehr bescheiden zu. Ja, man will sagen extrem bescheiden! Denn heutigentags lässt sich von Bauten des 18. Jahrhundert kaum noch etwas gewahren. Mag sie der Aufschwung des 19. Jahrhunderts, welcher im Stil der Zeit endlich mondäner und mondäner, so gründlich getilgt haben. Wo die Bauwerke des 18. Jahrhunderts in Baden-Baden sehr unprätentiös, da fehlen sie in Badenweiler praktisch ganz. Und wie die bauliche Schönheit Baden-Badens weitgehend vom klassizistischen (1800-1840), romantizistischen (1840-70) und historistischen (1870-1900) neunzehnten Jahrhundert bestimmt, so denn auch Badenweiler.
Freilich, und hier wurden eben die realen Verhältnisse einfach nachgezeichnet, kam zu Füßen der "Baden" alles in Größe und Schönheit eine Nummer, leicht auch zwei Nummern kleiner zum Stehen. Wie man denn am Ende des Vergleichs auch die noch deutlich übertreffende Schönheit der Baden-Badener Burgruine "Hohenbaden" einräumen muss. Badenweiler also zurecht "nur" der kleine Bruder von Baden-Baden.
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Die Atmosphäre der Stadt gefällt. In beschaulichem Maßstabe trifft man auf alle typischen Vorzüge eines Bäder- und Kurortes. Zur Ruhe und Gemächlichkeit tritt eine auffällige Reinlichkeit und Pflege und — wenn man so will — eine gewisse Künstlichkeit. Das gilt denn sogar für das an und für sich rohe Gemäuer der Ruine. Gar reizvoll einbezogen in den 1824-35 angelegten Kurpark, ja denselben gleichsam vollendend, waltet hier eine Sauberkeit fort, die man bei solchem Gebäu fast für eine Kuriosität nehmen will. Fast alle Wege und begehbaren Flächen nämlich sind mit feinen Splittschüttungen versehen, die Mauern fern aller "Bröseligkeit". Fast möchte man das Bollwerk für eine romantisch nachzeichnende Schöpfung des 19. Jahrhunderts nehmen — alleine die schaurig hoch aufsteigenden Mauern verkünden umso deutlicher den mittelalterlichen Trutz.
Gerade aber als Ausnahmeerscheinung lässt man das weitgehend noch von historischen Bauten konstituierte Zentrum gerne gelten. Das denn auch der wohl einzige, aber bedenkenswerte Vorzug gegenüber dem großen Bruder. Als mittelgroße Stadt hat dieser nämlich ehemalige Beschaulichkeit gegen nicht geringen Trubel und Aufgeregtheit vertauscht; in Badenweiler wuchs die Stadt im 20. Jahrhundert freilich auch, blieb aber die Beschaulichkeit der Verhältnisse ein bis heute verteidigter Bonus.
Was freilich solcher Unaufgeregtheit gleichfalls zuträgt, ist der dem 19. Jahrhundert typische Verfall der Baukunst. Nicht dass diese wie im 20. Jahrhundert schon ganz ausgetrieben, aber eben auf dem Wege dahin. Weil nun die beste Zeit dieses Jahrhunderts, die klassizistische, im Zentrum nur unauffällige Zeugnisse hinterlassen durfte, vor allem nämlich der Historismus herrscht, so findet man wohl mancherlei Gebäu, das um Aufmerksamkeit laut genug buhlt, das aber im Vergleich zur Baukunst der vorangehenden Jahrhunderte zur Lautstärke nicht dieselbe stilistische Sicherheit vorwalten lässt. Kurzum, wer neben der Ruhe auch auf echte Baukunst aus, der wird im Zentrum schlicht und ergreifend nicht bedient. Alles gefällt, denn der Historismus hat ja nicht umsonst den Ruf eines die Bauhistorie kopierenden Stiles; wie ja auch die einfachen (spät-)klassizistischen Häuser in ansehnlichem Stande. Das geübte Auge jedoch fällt von diesen Baulichkeiten nur allzu schnell wieder zurück, begreift umso ungehinderter die allgemeine Atmosphäre.
Am schönsten ein kleines Kirchlein vom großen Romantizisten unter Badens Baumeistern. Heinrich Hübsch, Schüler des noch bedeutenderen Friedrich Weinbrenner, schuf Mitte des 19. Jahrhunderts ein wenig abgerückt vom Zentrum das reizvoll anzusehende gotteshäusliche Oktogon. Neben der um zwei Anbauten erweiterten schönen Grundfigur gefallen der sichere Materialeinsatz (gelbe und rote Mauerziegel) und gediegene Detailsprache. Eine unaufgeregte Schönheit schuf hier Hübsch, was denn wieder zur allgemeinen Stimmung sich nahtlos einfügt. Hübsches "Spitzenerzeugnisse" indessen wissen durchaus um bedeutend mehr "Leben".
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Dann hat man auch die weithin bekannte CASSIOPEIA-THERME, namentlich ihren historischen Anteil durchaus zu würdigen. Er entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts und vermischt auf merkwürdige Weise die Stilmerkmale der genannten Größen "Weinbrenner" und "Hübsch". Die Vorderseite verdankt sich im Grunde ganz dem prächtigen und monumental angelegten Eingang: ein riesiges Thermenfenster, getragen von Säulen, weist denn auch trefflich auf die Badfunktion hin.
Am auffälligsten aber die evangelische PAULUSKIRCHE. Welch’ gewaltig Bauvolumen! Badenweiler wollte seinerzeit eine Kathedrale! Und der neben Max Meckel vielleicht versierteste unter Badens Historismus-Baumeistern, Josef Durm, führte denn ab 1892 nur allzu willig aus. Im übermütigen Stil der Zeit "verschwanden" die Fassaden förmlich hinter ihrer schmuckprunkenden Pracht. Solcher Übermut wäre bei kleinerem Gebäudemaßstab wohl noch zu ertragen, auf dem gewaltigen Volumen aber zeugt er nicht geringe Ratlosigkeit.
Es schnürt einem die Kehle zu, weiß man um die Geschichte dahinter. Ein trefflich romanisch-gotischer Bau hatte die sämtlichen Wirren einigermaßen (oder wiederhergestellt) überstanden. Ein schöner Kupferstich Badenweilers vom berühmten Matthäus Merian aus der Mitte des 17. Jahrhunderts gibt eine gute Ahnung von dem Gebäu (siehe Seite 6). In solch ländlichen Gefilden entstanden, zeigte er typischerweise Ruhe und Gediegenheit. Der am Ausgang des 19. Jahrhunderts endgültig mondänen Welt Badenweilers war solche Bescheidenheit denn fast anstößig. Mag man auf einen schlechten Zustand, auf mittlerweile zu geringe Größe verwiesen haben; was der eigentliche Hauptbeweggrund, zeigen die pompösen Fassaden nur allzu leicht. Der Pomp und zunehmende Größenwahnsinn des Deutschen Reiches, der denn gar nicht anders wie in einer Katastrophe enden konnte (Erster Weltkrieg), er hatte auch das noch allgemeine Christentum ganz im Griff. Bedeutende äußere und innere Feinde waren längst am erfolgreichen Unterminieren — worauf denn ein verweltlichtes Christentum mit umso größerem Pomp antwortete. In Badenweiler trat dieser im neoromanischen Gewand auf, was zwar in Stilkontinuität mit dem romanischen Vorgänger, aber nirgendwo von eigentlicher Qualität dieser hochmittelalterlichen Baukunst. Eine Zusammenballung der Formen spricht der Ausgeglichenheit und Ruhe echter Romanik hohn.
Das war weder Christentum noch Baukunst — und es spielte den immer mächtiger werdenden Gegnern in die Hände. Nach dem Untergang im Ersten Weltkrieg konnten die modernen Zeiten mit Hinweis auf solche Prunksucht nur umso leichter die preferierten Werte einer säkularen Gesellschaft und baukunstfreier Funktionalität durchsetzen. Und in solchen Zeiten leben wir ja noch immer und haben denn unsere Freude an Trabantenstädten und Kinderpornos.
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Öfter als man denkt fällt der Verfall durch Prunkbedürfnis auf. Doch verlassen wir Badenweilers Kathedrale und auch das Zentrum, nämlich für das baukünstlerische Herz des Ortes, den Schlossberg. Auf dem Wege dorthin verlohnt natürlich ein Blick auf die Überreste mit denen Badenweiler ins Leben gerufen, die Ruine des RÖMISCHEN BADES. Man hat es zu Beginn des 21. Jahrhunderts unter ein riesiges Glasdach gebracht; die Witterung war ein zu beständig am Gemäuer nagender Feind. Zunächst fällt also ein typisches modernes Gebäu auf, alsbald auch die durch die Luft zugeführte Verschmutzung des Glases, die trotz Reinigung eine immer deutlichere. Das vorbildlich moderne Stahl-Glas-Gerüst zeigt was es ist: "Ich bin ein Stahlgerüst, und ich trage Glas." Mehr Aussage macht es nicht, mehr kann es auch nicht. Und das will hier angehen, denn Hauptdarsteller sind ja die 1784 wiederentdeckten Grundmauern des Bades, die die antike Raumaufteilung noch bestens nachvollziehen lassen.
Darüberhinaus ist die gewölbte Konstruktion in typischer Manier, bekannt von den neuerlichen Vorzeigebahnhöfen. Nur dass sie dort freilich schon individualisierende Aussagen zu machen hätten, immerhin spielen sie dort als Gebäude die Hauptrolle, sind die Gleise ja keineswegs in einer Rolle wie in Badenweiler die wichtigste römische Badruine Deutschlands. Aber auch dort: "Ich bin ein Stahlgerüst, und ich trage Glas." Was denken die modernistischen Planer, etwa dass uns die Transparenz des Glases oder die filigranen Möglichkeiten von Stahl bis dato ein Geheimnis? Da schützt denn auch die Durchsichtigkeit nicht vor Langeweile, und filigrane Konstruktionen sind keineswegs ein Ersatz für Baukunst. Aber die wenigen Möglichkeiten des Modernismus werden eben reproduziert und reproduziert. Auch im Einzelfalle — bis man dem unregelmäßigen Schmutz am Glas fast dankbar ist, das die endlose Wiederholung konterkariert wird. Und wehe freilich der voranschreitenden Zeit, welche nämlich den jetzt noch modischen Glanz dieser Anlagen früh genug noch nehmen; und dann stehen wir vor diesen Errungenschaften wie z. B. vor unseren Bahnhöfen der 1970er. Dann ist einmal mehr klar, dass die bautechnischen Möglichkeiten der Konstruktion kein Ersatz für Baukunst sind. Nur ist es dann mal wieder zu spät — und unsere Gutmütigkeit glaubt wieder auch der nächsten Planergeneration, wenn sie uns von zeitgemäßer Ästhetik und neusten Möglichkeiten der Konstruktion, von vollständig eingelöster Funktionalität nur so eins vorschwärmt. Das jedenfalls immer und das selbe Schauspiel seit den 1950ern.
Trübe Gedanken. Aber warum nicht Feuer mit Feuer bekämpfen. Lassen wir doch die düsteren Trutzmauern der "BADEN" solche Finsternisse verscheuchen. Hoch ragen vor allem die Palasmauern und die Mantelmauer im Süden in die Höhe, in teilweise fast schwindelerregende Höhen. Alles wurde vom durch Feindeshand gelegten Feuer "leergezüngelt", gründlich entkernt. Die meterdicken Mauern aber focht das Hitzeelement nur wenig an. Zwar wurde manches zur Demolierung niedergerissen; aber das wäre ein viel zu aufwendiges Verfahren gewesen, alles zu entfernen. Und so steht auch die Baden noch als Ruine im Trutz eines Bollwerkes, in der Abwehrhaltung einer mittelalterlichen Burg, wie sie im 12. Jahrhundert typischerweise entstand. Die Zähringer Herzöge gelten als ihre Erbauer — und als deren Eigentum ward das Gebäu 1122 auch das erste Mal urkundlich.
Der schon erwähnte Meriansche Stich zeigte sie wenige Jahrzehnte vor der Zerstörung noch in ihrer Blüte. Eine Veste, die "ihren" Felsen trefflich krönt, beinahe wie dessen bauliche Fortsetzung erscheint. Das Naturwerk, vollendet durch das Menschenwerk — ganz wie schon Goethe im Kunstwerk das höchste Naturwerk vermutete: "Die hohen Kunstwerke sind zugleich als die höchsten Naturwerke von Menschen nach wahren und natürlichen Gesetzen hervorgebracht worden." [1]. Neben der Kompaktheit der Anlage und einem turmbestückten zweiten Mauerring, der sich möglicherweise um die gesamte innere Burg zog, fällt das Fehlen eines Bergfriedes auf, was denn jene Kompaktheit sehr beförderte.
[1] Johann Wolfgang Goethe "Italienische Reise", Insel Verlag in Frankfurt/Main und Leipzig, Auflage 1976, S. 518
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Die zweite Ringmauer ist verschwunden; die innere Burg aber, namentlich ihre Außenmauern stehen noch trefflich im Prospekt. Dabei lässt sich denn der Palas als schon ursprünglich höchster Abschnitt der Veste noch gut ausmachen. Er kann auch als insgesamt schönste Partie der Anlage gelten. Nur wenig nachstehend die fulminant hochsprießende südliche Mantelmauer, der in direkter Nachbarschaft auch der einzig "überlebende" Turm, ein Rondell, beigegeben. Diese beiden Ansichten, der Norden mit Palas und der Süden mit Mantelmauer, machen auch aus nächster Nähe den besten Eindruck. Auf dem Wege aber zur unmittelbaren Betrachtung tritt urplötzlich ein weiteres vorzügliches Machwerk in den Weg, das denn nicht weniger in Erstaunen versetzt.
Kein geringerer als der große badische Baumeister Friedrich Weinbrenner schuf hier auf adligen Wunsch 1811-13 das "BELVEDERE". Auf eine ganz andere Weise strebt auch dieses relativ kleine Gebäu nach einem Ausdruck der Monumentalität. Was aber dem mittelalterlichen Wehrgebäu die schiere Höhe und Rohheit der Mauern, das dem klassizistischem Weinbrennerbau das Nacheifern antiker Möglichkeiten. Nach dem Vorbilde griechisch-römischer Tempel ward hier nämlich ein Säulenportikus als entscheidender Akzent gewählt. Sei für alles weitere dieses Vorzeigebeispiels des badischen Klassizismus auf den Artikel unter "Im Stile Weinbrenners" verwiesen. Nur die vorzügliche Gesamtwirkung sei noch angemerkt, die also neben der Weitläufigkeit des Kurparkes, dem Monument der Baden, auch um solch seltenes Schmuckstück bereichert.
Hat man dann die alte Veste erreicht, erfreut das bizarr Gezackte der Mauern nicht wenig. Der arme Palas scheint gleichsam wie von oben aufgerissen. Hier und da gewahrt man auch noch veredelnde Details für die Öffnungen, wenige genug. Weit mehr als diese fällt die oben schon verzeichnete Pflege auch der Innenräume auf — um ein solches Bild der Reinlichkeit wird man für die Ruinen Badens kein zweites Mal wissen. Nichts anderes ist geschehen, als dass die Sauberkeit des Kurparkes eben auch durch das alte Bollwerk geschwappt ist. Der romanische Palas steht nebst zweier kleinerer und gleichfalls hoher Mauerumfassungen im Norden der bohnenförmigen inneren Burg. Im Süden dagegen gewahrt man die Reste eines spitzwinkeligen Gebäudes, das direkt an die mehrfach schon genannte monumentale Mantelmauer "gelehnt".
Als ein besonderes Ereignis jeder Besichtigung kann eben jene Mantelmauer per Spindeltreppe erstiegen werden. Die Aussichten nun, die man von dieser gewaltigen und rund dreieinhalb Meter dicken Mauer gewinnt, sind einzig, lassen das Fehlen einer Turmplattform indes vergessen. Nach vorne blickt man aus dem Tal heraus in die Rheinebene, bei klaren Luftverhältnisse gar bis zu den im Westen einfassenden Vogesen. Rechts und links die ansteigenden Höhen. Und nach hinten reizt zunächst der aufgerissene Palas, die zu Füßen liegende Stadt, und zu allermeist die mächtigen Kuppen und Bergrücken des Hochschwarzwalds. Die Mannigfaltigkeit der Prospekte, wie auch der Umstand, dass man sich mitten aus einem Tal in solch begünstigende Höhen aufschwingt, sie können schwerlich überboten werden. Was man unten in der Stadt vermisste, das Salz in der Suppe, das wird einem hier am höchsten Punkt des vorzüglichen Kurparkes gleichsam noch nachgereicht.
Quellen 1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale und Jahreszahlen; Stadt und Landschaft
2) Kupferstich und Stadtbeschreibung Matthäus Merians aus "Topographia Sueviae" (siehe oben)
3) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
4) Homepage www.badenweiler.de
5) Website www.burgeninventar.de
6) Website www.burgen.de
7) Website www.burgtour.de
Informationstafeln vor Ort
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