Die stark ruinöse Lichteneck liegt ungewöhnlich wie reizvoll direkt an der Rheinebene. Schon seit der ersten Sichtung hat sie mir mit ihren abgerundeten Ecken etwas wanzenartiges — ja, wie eine dicke Wanze im Fell eines Tieres, so hängt mir die Lichteneck am Abhang “ihres” Hügels. Auch noch bestens von der Sonne in Szene gesetzt, mit ihrem gelben Gestein gleichsam jedem Passierenden ins Auge stechend. Weil auf Höhe des Dorfes Hecklingen, zwischen Kenzingen (Wanderungen Band ‘1’) und Malterdingen (Wanderungen Band ‘2’), Gleis und Autobahn nahe heranführen, genügen der alten Veste nur relativ wenige Höhenmeter um auf sich aufmerksam zu machen. So überreicht das Gebäu, obgleich es nicht wenig zerschlagen, eines der markantesten Burgenbilder der Rheinebene. Viele andere Burgruinen an der Rheinebene haben bedeutend mehr zu zeigen, ja die Lichteneck kommt im Vergleich richtiggehend ärmlich daher; alleine die treffliche Inszenierung, einst von entscheidender strategischer Bedeutung, heute von entscheidendem landschaftlichem Effekt, begründet die Ansehnlichkeit.
Die Veste wird aus 1290 das erste Mal überliefert, mag aber zumindest einige Jahrzehnte älter sein. Die Freiburger Grafen, die berühmten Zähringer erbauten sie als eine Sperrfeste an einem verkehrsstrategisch wichtigen Punkt, der gleichsam Wächter über die relativ enge Partie der Rheinebene, die sich zwischen Schwarzwald und Kaiserstuhl “durchzwängen” muss. Von allem Anfang aber war dieser Militärstützpunkt ein nur kleiner. 1368 kam die Veste an die nachhaltigen Namensgeber, die aus Tübingen stammenden Herren von Lichteneck. 1433 ward sie dann von den mächtigen Geroldseckern das erste Mal zerstört. Diesmal baute man noch wieder auf, unverzüglich. Durch die Lichtenecker war die Veste eine Residenz geworden, was jedoch an der kleinen Ausdehnung der Hauptburg nichts änderte. Irgendwann aber trat eine geräumige Vorburg hinzu, wie auch ein Bollwerk zwischen Haupt- und Vorburg entstanden war. Mit dem 17. Jahrhundert kam aber das zweite, das endgültige Ende der gestreckten Anlage. Im 30jährigen Krieg lag die Veste ungünstig günstig nahe bei Freiburg und der gewaltigen Festung Breisach. Sie nicht zu besitzen konnte sich keine der in dieser Region jeweils ambitionierteren Kriegsparteien erlauben.
Und so wechselte das Gebäu munter zwischen Schweden und Kaiserlichen hin und her ...
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Zu diesem Zeitpunkt hatte man schon alles versucht um die kleine mittelalterliche Burg den modernen Zeiten irgendwie annehmbar zu machen; will heißen der modernen Geschütztechnik noch irgendwie zu trotzen. Zu diesem Behufe war aus der Hauptburg ein gar seltsames Gebäu geworden. Man kann ihre Gestalt noch heute gut nachvollziehen, indem man im Geiste die noch viele Meter hochragenden Außenmauern der Hauptburg noch einige Meter über die höchste Partie im Osten verlängert. Das merkwürdigste Gebäu und eine Rarität in badischen Landen: die Grundfläche ein Quadrat, die Ecken aber abgerundet — dabei die Grundfläche durchaus sehr klein, dafür aber die Mauern ungemein hoch; man fand das Bild gleich einem riesigen geschliffenen Steinklotz — ein Gebäu, so hoch wie breit; wie denn auch nur wenige Öffnungen die glatt gemauerten Wände “störten”.Dazu besaß die Lichteneck ein schon eingeführtes Bollwerk, das noch heute bestens zu gewahren. Lang und schmal legte es sich vor die Schwachseite der Veste, riegelte gegen Norden ab. Was dessen heutigen Reiz begründet, sind die wiederum abgerundeten Mauerecken, welche also in Kontinuität zur Hauptburg.
Des weiteren trennte ein breiter, vor allem aber ein (gut erhaltener) tiefer Halsgraben die Hauptburg von der noch einige Meter ansteigenden Anhöhe ab; hier durfte denn auch eine weitere, eine vorgelagerte Ummauerung mit Zwinger nicht fehlen — anfällig nämlich auch diese Seite, die Ostseite. Nach Süden und Westen lag die Lichteneck über steilem Abhange; nach Osten und Norden aber ohne topographischen Vorzug. Und so wurde denn auch noch der sogenannte Maierhof als eine im Vergleich zur Hauptburg wirklich geräumige Vorburg nach Norden, damit aber vor dem Bollwerk befestigt.
Alles war ausgeklügelt genug, ja man muss sagen, dass durchaus alles Menschenmögliche unternommen ward. Alleine über die Kleinheit der Verhältnisse, was denn auch immer bedeutete, dass nur eine kleine Besatzung aufgenommen werden konnte, kam unser Gebäu einfach nicht hinaus. Der entsprechende Spielball der Großen war sie im 30jährigen Krieg. Den beiden Parteien aber blieb sie immerhin so weit in Ehren, dass keine die gründliche Demolierung unternahm.
Dazu bedurfte es denn auch hier des Befehls des "Sonnenkönigs". Im Holländischen Krieg, näherhin am 15. April 1675 erschienen 4000-6000 französische Soldaten vor der Veste, die gerademal 50(!) österreichische Soldaten verteidigen sollten. General Vaubrun ließ denn mindestens einen Tag und eine Nacht unaufhörlich nach der Veste schießen, bis die zermürbte und bald munitionslose Besatzung aufgab. Dann die Demolierung.
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Gewiss hatte das Gemäuer nicht so stark gelitten wie es heute vor Augen steht. Mag man es in den nächsten zwei Jahrhunderten wie üblich als billigen Steinbruch ausgeschlachtet haben; wie ja auch die Unbilden der Witterung Zeit genug hatten den Zahn der Zeit an den Steinen nagen zu lassen.
Kurzum, wurde man von dem trefflichen Fernbilde angelockt, so findet man nur noch ausgehöhltes rohes Gemäuer. Die Vorburg ist verschwunden, wie auch von veredelnden mittelalterlichen Details nichts mehr zu gewahren. Das langgezogene Bollwerk gefällt, der tiefe Halsgraben lässt schaudern, ein wenig ratlos steht man in der kleinen Hauptburg. Freilich ist die Aussicht eine vorzügliche: man blickt entlang des Hochschwarzwalds, dumpf blau leuchtend — der Kaiserstuhl lässt sich ganz erfassen, lang gestreckt und nur gelinde Höhen gewinnend — und bei guten Sichtverhältnissen kann man die schwarze Silhouette der Vogesen gut ausmachen; dazwischen dann die in diesem Falle so trefflich räumlich gefasste Rheinebene.
Dreht man sich dann um, blickt man auf den am besten erhaltenen Mauerabschnitt der Hauptburg. Durchaus noch monumental recken sich die sehr dicken Mauern in die Höhe; mag die Mantelmauer hier auch Außenwand eines Palas gewesen sein.
Wägt man nochmal ab, kommt man nicht umhin doch genug Erhaltenes zu konstatieren, welches denn auch vom Reiz bizarr geformter Mauern sehr profitiert. Und doch ein gewisser Missmut! Aber des Rätsels Lösung ist eine naheliegende: die Lichteneck macht aus der Ferne einen dergestalt vorzüglichen Eindruck, dass man auch für die Besichtigung aus nächster Nähe Großes erwartet. Der bestens angeregte Burgenappetit aber trifft dann nur auf einfache Hausmannkost; und diese wird bei solcher Einleitung zur allzu leicht gering geachtet. So ist denn der treffliche Ferneffekt der Lichteneck Segen und Fluch zugleich.
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Quellen 1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Burgruine und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Homepage burg-lichteneck.de
4) Website burgeninventar.de
5) Informationstafel vor Ort
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