Baukunst in Baden
  Bühl
 


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Bühl "sitzt" ganz im Norden der Ortenau, dem Schwarzwald zu Füssen, nicht mehr ferne Baden-Baden. Ein Ort, heutigentags vor allem ausgeufert, über viele Jahrhunderte Dorf und Marktflecken. Im Zentrum immerhin findet sich ein ansehnlicher Platz: der MARKTPLATZ. Die räumliche Definition leisten drei Bauwerke, welche, allesamt monumental, dem Platz einen durchaus erhabenen Ausdruck verleihen.
     Gehen wir die drei Gebäulichkeiten der Reihe nach durch. Zunächst bemerkt man ein klassizistisches Gebäude, das ALTE RATHAUS. Zurückhaltend wie immer im Stile Weinbrenners und typischerweise von kraftvoller, in diesem Falle — geschuldet einem großen nach vorne tretenden Mittelrisalit — gar von "brachialem" Wesen. Im strengen Sinne kaum schön, zweifellos aber markant! Betrachtet man den zur Hauptstraße offenen Platz von der demselben gegenüberliegenden Seite der Straße, so steht unser altes Rathaus zur Linken.
     Mittig und zur Platzbildung gegenüber ersterem Gebäude zurückgeschoben, eine NEUGOTISCHE KIRCHE von beträchtlicher Größe, beinahe eine Kathedrale, dabei den Campanile an den Platz ordnend. Ganz aus rotem Sandstein verfertigt, findet das Gotteshaus ohne weiteres Gefallen; was vor allem für das Turmdach gilt, denn gleichfalls steinern löst es sich gleich dem großen Vorbilde, dem Freiburger Münster, in ein transparentes Gerüst auf — eine der reizvollsten gotischen Formideen. Auch der Weg zu jener Spitze, die beständige Reduktion der Turmmasse, verdient, als gelungenes Vorspiel auf das Dachgerüst, das Lob des abwägenden Betrachters. Die katholische Stadtpfarrkirche fand ihren historistischen Baumeister in Karl Dernfeld, Sankt Peter und Paul in den Jahren 1872-76 emporwachsen sehend.
     Nunmehr also das dritte Gebäude, das NEUE RATHAUS, wiederum und gleich dem alten Rathause nach vorn geschoben. Es begibt sich in ein spannungsvolles Zusammenspiel mit beschriebenem Campanile und das weniger ob seiner durchschnittlichen historistischen Fassaden, vielmehr nämlich durch einen auf ungewöhnliche Weise einverleibten Turm, welcher seinerseits nun von echter Gotik. Der Turm, aus 1524 das älteste erhaltene "Stück Bühl", gehörte einst einer Kirche, welche allerdings bis eben auf jenen Turm abging. Nachdem man durch den Neubau der beschriebenen neugotischen Kirche also beschlossen hatte, ihm kein neues Kirchenschiff zu gewähren, demnach seiner religiösen Funktion ein Ende bereitete und ihn dennoch für erhaltenswert nahm, deklarierte man ihn kurzerhand zum Turme des Rathauses, wobei letzteres erst noch zu errichten und gleichsam um den Turm herumgebaut ward.

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Neugotischer Turm und gotischer Turm stehen in nächster Nähe zueinander, was unversehens von besonderem Wert! Denn ein solches feines Zusammenspiel aus echter Gotik und nachahmender Gotik in der Geringfügigkeit einer Distanz, wie sie für zwei Türme auch innerhalb ein und desselben Kirchenbaus nicht wesentlich unterbietbar, findet man in Baden und wohl auch in ganz Deutschland bestenfalls selten!
    Der Marktplatzt liegt an der langen, durch mehrere historische Gebäude zumindest noch partiell sehenswerten HAUPTSTRASSE. Gleichfalls an dieser situiert, wenngleich in einiger Entfernung, ein weiteres wirklich beachtenswertes Bauwerk: die MARKGRÄFLICHE AMTSKELLEREI, errichtet 1791 vom bekannten Karlsruher Hofbaumeister Jeremias Müller, und eines der ganz wenigen früh-klassizistischen Gebäude in der alten Markgrafschaft Baden, wenige Jahre vor dem Beginn des Wirkens des großen Friedrich Weinbrenner bereits erstaunliche klassizistische Körperhaftigkeit zur Schau stellend. Weinbrenners Bauwerke und auch seine Rhetorik traten im Stil jener Zeit revolutionär auf. Schaut man aber genau hin, so finden sich Wurzeln für seinen Klassizismus auch in Baden — so zum Beispiel hier in Bühl.
    Mag man ganz zum Schluß, und immerhin sprachen wir gerade von Weinbrenner, auf ein Kleinod der Weinbrenner-Gotik verweisen. Nur gelegentlich griff der vor allem der Antike nacheifernde Stil nach der mittelalterlichen Gotik. Eines der durch Zerstörung anderer Werke umso selteneren Exempel findet man ganz in Marktplatz-Nähe, an der Kreuzung Eisenbahnstrasse — Franz-Conrad-Straße: ein nicht allzu großes BÜRGERHAUS, dessen ansehnliche Vorderseite mit Spitzbogen für Öffnungen und Dachfries.

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