Baukunst in Baden
  Schwarzach (Abtei)
 


Majestätisch erhebt sie sich aus der weiten Ebene des Rheintales, monumental, die Klosterkirche St. Peter und Paul der ehemaligen Benediktiner-Abtei Schwarzach. Besonders wenn man sich aus Richtung Norden nähert, freie Aussicht genießend, nimmt sie sich durch hohe Vierung mit Turm als vertikaler Gegenakzent zur horizontalen Dominanz der Ebene gar vorzüglich aus.
     In ihrer ruhevollen, erhabenen Schönheit darf sich das Münster (wie es gerne genannt wird) gleich zweier Superlativen rühmen, dieses zumindest in den Augen des Autoren. Das romanische Bauwerk nämlich, erbaut in den Jahren 1220-25, stellt sich neben die barocke Klosterkirche Schutterns und die klassizistische Sankt Blasiens als schönste Klosterkirche Badens (bei harter Konkurrenz nur knapp vor andere!) — gar noch mehr, denn dank ihrer im Äußeren beinahe ungebrochenen Romanik zeigt sie gleichzeitig das reizvollste Werk dieses Stiles in Baden.
     Dem Gotteshaus beigeordnet noch bedeutende Reste der alten Abtei. Die Benediktiner erbauten ab der Mitte des 18. Jahrhunderts ihre Abtei, welche hier schon seit sage und schreibe 714 Bestand hatte, im barocken Stil auf`s Neue. Die mittelalterlichen Klosterbauten nämlich hatten durch den Bauernkrieg und den 30jährigen Krieg gelitten, mussten auch den Drangsälen des Pfälzischen Erbfolgekrieges Tribut zollen. Beauftragter Baumeister war kein geringerer als Peter Tumb — der Baumeister für die Benediktiner im Raume des späteren Großherzogtums schlechthin: die Abteien Frauenalb, Schuttern, Sankt Peter, Lichtenthal, Sankt Trudpert und Ettenheimmünster hatten ihn gleichfalls involviert.
     Alleine die altehrwürdige Kirche ließ man im mittelalterlichen Gewande (nur der Innenraum wurde barockisiert) — alles andere erstand im für Badens Benediktiner typischen, zwar barocken, aber sehr zurückhaltenden Stil. Die Kirche war der unbestrittene Hauptbestandteil des Klosters, damit auszuzeichnen als schönstes Bauwerk, was hier nichts anderes als einfachen Erhalt (des Äußeren) bedeutete. Der ja eigentlich für seinen Formenreichtum bekannte Stil der schönen Künste dagegen, er musste allenthalben mit nüchterner, sparsamer Anwendung vorlieb nehmen, durfte nur an ganz wenigen, ihrerseits hervorzuhebenden Stellen zum uns beim Begriff des Barock vor Augen stehenden Bilde aufsteigen.
     Das Kloster bestand aus einer Vielzahl von Gebäuden, zum Teil großen Gebäuden, die ihre Masse unter den wenigen barocken Stilmitteln kaum verbergen mochten. Am beeindruckendsten gewiss der große dreistöckige KONVENTBLOCK, der sich in Hufeisenform dergestalt an die Klosterkirche lehnte, dass diese den Block gleichsam als  vierte Seite zu einem Rechteck abschloss.

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Dieser Hauptbau des Klosters, monumental durch seine Größe, das Volumen gegliedert durch Eck- und Mittelrisalite, belebt daneben nur durch das Spiel der Mansarddächer und ein prächtiges Portal wurde nach der Säkularisation 1803 bereits ab 1839 abgerissen (das übliche Manufaktur-Geplänkel hatte hier sich selbst und das Gebäude zugrunde gerichtet) — wie man sich leicht ausmalen kann zum großen Schaden des Gesamteindruckes. Denke man sich für einen Vergleich den gut erhaltenen Konventbau der Benediktiner-Abtei Sankt Peter (Schwarzwald), welcher eindrucksvoll genug, unseren aber um ein weiteres Geschoss zusätzlich monumentalisiert.
     Die NEBENGEBÄUDE, welche zwar gleichfalls von Verlusten heimgesucht, konnten immerhin ihre wichtigsten wie attraktivsten Partien retten, namentlich den straßenbegleitenden Empfangsbereich. Die lange Front, wie der Konventbau praktisch ohne nennenswerten Fassadenschmuck, wurde, um einer monotonen Wirkung entgegenzutreten, gleich in sieben kurze Abschnitte aufgegliedert (solch "Narretei" würde unsere Zeit, die längst an Monotonie gewöhnt, natürlich nicht begehen!).
     Die Aufgliederung vollzieht sich durch Vor- und Zurücktreten, vor allem aber durch unterschiedliche Gebäudehöhen: außen zwei dreistöckige Partien, dann eingeschossige Flügel — dann, das Tor säumend, zweistöckige Anteile, schließlich das Portal in der Mitte der grob symmetrischen Komposition. Die höheren zeigen Mansard-, die beiden niedrigen Partien Satteldächer. So mag der Fassadenzierrat zu kurz kommen, das Gesamtbild jedoch ist ein überaus lebendiges. Und das PORTAL immerhin glänzt auch im Detail: ganz aus lustig zwischen rot und gelb changierendem Sandstein — ein Rundbogen-Durchgang gesäumt von plastischen Pilastern (toskanische Ordnung) — darüber ein dorischer Fries, wie der hohe Segmentbogen-Giebel auf Höhe der Pilaster verkröpft — der Giebel endlich mit Abteiwappen und Skulpturen geschmückt.
     Zur Innenseite bildet jene lange Front zwei rechteckige HÖFE aus — der vom Tor freigegebene Durchgang führt zwischen ihnen hindurch. Auch hier der gleiche im Detail zurückhaltende, in der Komposition der Volumen aber lebendige Umgang.
     Das alte wie neue Herz der Anlage, das KLOSTERMÜNSTER. Scheint der Ausdruck Münster, so wie man ihn heute gebraucht, auch ein wenig übertrieben, so besitzt das Bethaus doch einige Größe und verdient sich — zumindest unter milden Blicken — ob seiner Schönheit durchaus diesen Ehrentitel. Man findet eine dreischiffige Basilika mit hoher Vierung bekrönt von einer Turmspitze, den Chor mit großer Apsis. Zunächst gefällt der anmutige, harmonische Gesamteindruck, bestimmt von — typisch für die Romanik — klar definierten Baukörpern.

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Dann der Materialwechsel, am spannungsvollsten zwischen der Eingangsseite, welche aus fein gearbeitetem Sandstein von gelb bis rot — und den Seitenfassaden der drei Schiffe, welche ihrerseits nun aus Ziegelsteinen (gebrannt wiederum zwischen gelb und rot). Spannungsvoll, weil zwar kaum in der Farbe, dafür aber im deutlich unterscheidbaren Format zwischen größeren Sandsteinblöcken und kleinen Ziegeln ein schöner Kontrast. In wichtiger Ergänzung die schuppenartigen Dachflächen, gleichfalls im zum Rot changierenden Farbtone, und die Fassade der Turmspitze, welche zwar im Material des Verputzes kontrastiert, weniger aber in der ockernen Farbe.
     So ergeben sich unter dem Strich ohne weiteres voneinander unterscheidbare Fassadenmaterialien, welche aber allesamt nicht nur reizvoll changieren, sondern einheitlich auch dem Abschnitte der Farbskala zwischen gelb und rot entspringen, welche, zumal aus einiger Entfernung, den glücklichsten Effekt eines roten Monoliths gewinnen, einer Großform, monumental, wie sie nicht reizvoller gegen das Grün und die ebene Landschaft des Rheintales antreten könnte.
     Auch aus nächster Nähe betrachtet verliert das Gebäu nichts an Reiz, der allenthalben kunstvollen Behandlung der Fassaden wegen. Am meisten verdient natürlich die Eingangsseite Beachtung. Die dreischiffige Anlage, durch die Baukörper ohnehin vorgezeichnet, verdeutlicht sich des weiteren durch zwischen Haupt- und Seitenschiffen zäsierende Lisenen, welche im unteren Abschnitt plastisch wie effektvoll durch Dreiviertel-Säulen betont. Zwischen den beiden Säulen, gleichsam von ihnen gesäumt, die schönste Partie, der Haupteingang, gefertigt als Säulen-Gewändeportal. Das die Kapitelle der Halbsäulen konstituierende Kämpfergesims, verlängert, nimmt bald Anlass zu einem spitzen Dreiecksgiebel, dessen Spitze sich über dem Portal in formenlustiger Welle verliert. Während sich die Anteile der Seitenschiffe mit Ausnahme zweier blinder (geschlossener) Bögen zurücknehmen, formuliert das Hauptschiff munter weiter: zwei gekuppelte Zwillingsfenster mit Rundsäulchen, dazwischen eine geschlossene Rundbogen-Öffnung, schließlich der dreieckige Giebel (welcher als einzige Ausnahme und kontrastierend aus Ziegelstein) mit Rundbogenfries und Rundfenster.
     Zurückhaltender die Seitenfassaden der drei Schiffe. Die Seitenschiffe zeigen einfache Rundbogen-Öffnungen. Kunstvoller die noch hohen Anteile des Hauptschiffes, wo sich Fenster mit Blindöffnungen abwechseln, darüber ein Rundbogenfries. Jenes Motiv des Hauptschiffes, das Arkaden-Motiv, wiederholt sich an den Seitenfassaden der Vierung. Deren Vorderseiten dagegen wählen vor allem durch Verzicht auf Fries und je ein dominierendes Rundfenster in Gestalt einfacher Rosen ein abweichendes Aussehen. 

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