Baukunst in Baden
  Yburg
 

Die Yburg gehört zu den Burgen Badens mit allerbester Aussicht! So mag sich wohl noch allerlei gleichwertiges zu ihr gesellen, übertreffen aber lässt sich nur sehr schwer. Das liegt zunächst an ihrer Lage im allgemeinen. Aus dem nördlichen, bereits die 1000-Meter-Marke überschreitenden Nordschwarzwald lugt die Yburg in die Weite der Rheinebene. Doch diese allgemeine Lage vollendet sich erst in der speziellen, dem damit entscheidenden Vorzug. Letztere ist ungewöhnlicher als es auf den ersten Blick scheinen möchte: die Yburg nimmt sich genau den Gipfel des erwählten Berges. Die meisten Burgen dagegen (nicht nur im Badischen) liegen nicht auf der Kuppe selbst, sondern auf dem Wege zur Spitze — die einen tiefer, die anderen höher — der eigentliche Gipfel aber ward eher selten auserkoren. Zu groß nämlich die Umstände bei Erbauung und Unterhalt, zu weit und vor allem zu beschwerlich die Wege für die Versorgung und etwaige Kriegs- und Beutezüge. In Rücksicht auf die Yburg machten ihre Erbauer, als welche vor allem die badischen Markgrafen zu gelten haben, also eine Ausnahme — eine Ausnahme, welche ihnen noch heute unseren Dank einträgt.
     Die Yburg erklimmt also den Gipfel ihres Berges, namentlich den Yberg, der sich immerhin 517 Meter über den Meeresspiegel erhebt. Beides klingt lustig, sowohl der Name der Burg als auch des Berges. Er leitet sich her vom Althochdeutschen iwa, was heutigentags für Eibe steht und demnach Eibenberg, respektive Burg auf dem Eibenberg bedeutet.
     Die Gipfelsituierung gewinnt uns einen zweifachen Reiz. Zum einen lässt sich die Yburg auch aus weiter Ferne, und damit ist vor allem die Rheinebene gemeint, sehr gut ausmachen: der westliche Bergfried und Teile der Burgmauern wachsen förmlich aus dem bewaldeten Berg in die Höhe, was eine markante Silhouette ergibt, die von selbst zu einem Wahrzeichen der Gegend des sogenannten Reblandes und auch der zu Füssen  liegenden Stadt Steinbach wurde.
     Im Sommer leuchtet die Burg sandsteingelb über dem dumpfen Grün des Schwarzwaldes, im Winter dagegen verschwindet sie häufig samt Gipfel in dichtesten Nebelschwaden, die mitunter gar den gesamten Berg zu verschlucken drohen. Der zweite große Reiz liegt im Umkehrschluss in der kaum zu übertreffenden Aussicht. Der weithin sichtbare westliche Bergfried kann nämlich begangen werden, und der sich von hier präsentierende Ausblick raubt Besuchern regelmäßig den Atem. Nach vorne die erst in großer Entfernung durch Vogesen und Pfälzer Wald gebremste Weite der Rheinebene, und davor, gleichsam den wunderbarsten Übergang bereitend, eine sanfte Hügellandschaft, welche von Reben übersät die Weichheit ihrer Konturen entfaltet. Rechts fällt der Fremersberg auf, durch seine Höhe (10 Meter höher als der Iberg) und viel mehr noch durch den enormen Durchmesser, ein veritables Gipfelplateau bereitend. Links schraubt sich der Schwarzwald immer weiter aufwärts und schafft damit den Anschluss an den Mittelschwarzwald, welcher noch mehr an Höhe gewinnt. 

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Außerdem hat man von hier aus einen sehr guten Überblick auf die Burganlage nicht geringer Ausdehnung und den zweiten Bergfried — wir kommen noch auf sie zurück. Dreht man sich dann vollends um, so erreicht die Aussicht nur den nächsten Höhepunkt. Über einen niedrigeren Berg hinweg, beziehungsweise links an ihm vorbei erkennt man das Oostal, näher hin einen Teil Baden-Badens. Dann türmt sich der Schwarzwald wieder auf, man findet die beeindruckende Formation der Battert-Felsen und, nicht weniger aufregend, die Burg Hohenbaden.
     Ein Sichtbezug also zur Stammburg der badischen Markgrafen. Da nimmt es nicht wunder, dass Markgraf Hermann V. nach glücklicher Erbschaft der seinerzeit noch kleinen Burganlage schon bald an den Ausbau derselben ging. Jener die so wunderbare Aussicht freigebende Bergfried und die Schildmauer wurden ab dem Jahre 1200 erbaut — die strategische Bedeutung der "Burg Iberg" (so hieß die Anlage rund 300 Jahre) nurmehr steigernd. 1525, zur Zeit der Bauernkriege erstürmten Hanauer Bauernverbände (aus der Gegend um Kehl) die Yburg und richteten beträchtlichen Schaden an. Trotz ihrer weiterhin bestehenden Bedeutung verlor die Burg zunehmend an markgräflicher Gunst, verfiel immer weiter. Schließlich ward sie ihrem eigentlichen Besitzer, dem Markgrafen von Baden-Baden Eduard Fortunatus, einer schillernden Figur, die sich lieber der Alchemie widmete, einfach weggenommen.
     Die Markgrafschaft Baden-Durlach übernimmt 1598 die Yburg, und das sehr zu ihrem Nutzen. Rund 20 Jahre später, zu Beginn des 30jährigen Krieges erhält sie eine beträchtliche Erweiterung vor allem in Gestalt eines zweiten Bergfrieds und des Torzwingers. Den großen Krieg übersteht die Burg noch leidlich, den Niemandsland-Plänen des Sonnenkönigs aber kann auch sie nichts entgegenhalten. 1689 nähern sich also auch hier dessen übermächtige Truppen, plündernd und gründlich ruinierend. Freilich ist die Demolierung einer Burg kein so leichtes Unterfangen wie die Zerstörung einer mittelalterlichen Fachwerkstadt. Während dort die ganze Stadt in Flammen aufgeht, gehen hier nur die Palasbauten ab. Die Umfassungsmauern verlieren etwas an Höhe und die Bergfriede werden lediglich entkernt — kurzum die steinernen Partien trotzen den Flammen und somit bleiben beträchtliche Teile der Anlage erhalten. Dennoch taugte die Burg nicht mehr zu einem gegnerischen Stützpunkt, und das genügte den Generälen des Sonnenkönigs. Einen weiteren empfindlichen Schlag versetzt die Natur, und die hat es merkwürdigerweise vor allem auf den östlichen, den jüngeren Bergfried abgesehen. Immer wieder leidet er Blitzschlag. Blitze ungeheurer Kraft — Kanonenbeschuss nehmen sich dagegen beinahe harmlos aus — der östliche Bergfried wird förmlich aufgespalten!
     Es ist ein kalter Wintertag als ich die Burganlage betrete, kalt und auch ansonsten von jahreszeitlicher Qualität. Eine nicht zu hohe Schneeschicht hat sich wie ein Puderzucker auf die Mauern gelegt und dazu wehen beständig neue Nebelschwaden über die Anlage. Ein Bild höchster Romantik.

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Zunächst fällt natürlich der zu Beginn des 17. Jahrhunderts errichtete TORZWINGER auf. Das äußere Tor mit gotischen Spitzbogen, das innere, ältere mit romanischem Rundbogen. Schon der Zwinger verrät eine gewisse Großzügigkeit, welche sich im BURGHOF nunmehr fortsetzt: ein Raum ganz ungewöhnlicher Großzügigkeit. Die Vorstellung des engen, von hohen Mauern umschlossenen Burghofes gibt man hier billig auf, statt dessen angenehme Weite. Die längliche Burganlage wird von den beiden Türmen in der Art zweier Pole förmlich aufgespannt. Vor der Aussicht vom westlichen Bergfried steht der östliche, blitzgeschädigte zur Besichtigung an. Im Grunde ist vom GOTISCHEN BERGFRIED nur eine Ecke stehen geblieben, diese aber fast in voller Höhe — ein bizarrer Anblick, nach oben sich beständig zurücktreppend. Dazu passend der nicht minder ruinöse PALAS in nächster Nähe — auch er wurde förmlich aufgerissen und zeigt kaum noch mehr als Teile der Erdgeschoss-Außenwände. Beiden Bauten fehlen auffällige Details in Gestalt von Öffnungsrahmungen, umso ergreifender aber jenes Zackige und die Rohheit der Steinmassen.
     Die Burgmauern in Augenschein nehmend, geht es auf den zweiten Bergfried zu. Die dicken Mauern zeigen teilweise noch Schießscharten und Sitznischen, das wird gerne notiert. Dann schält sich der westliche Bergfried aus dem Nebel und zwischen verdeckenden Bäumen hervor. Ein ROMANISCHER BERGFRIED, rund 400 Jahre älter als der östliche  — und dennoch weitaus besser erhalten und bereits seit 1840 durch Holztreppen wieder begehbar. An den Rand des felsigen Gipfels gebaut, gewinnt man bereits von einem Plateau zu seinen Füßen eine ausgezeichnete Aussicht. Außerdem gewahrt man stiltypische Öffnungsformen, romanische Rundbögen, allen voran beim ursprünglichen Eingang hoch über dem gleichfalls 1840 neu geschaffenen Zutritt. Hier unten aber zieht einen alles nach oben, ein Drang, dem ich bald nachgebe. Die Aussicht, eingangs schon beschrieben, ist auch bei Nebel eine phänomenale. Der Nachteil geringerer Fernsicht wird durch den ständig changierenden Nebelschleier, mal freigebend, dann wieder verhüllend ohne weiteres ausgeglichen. Geisterhafte Nebelschwaden jagen, vom Wind unablässig angetrieben, über den Yberg oder quälen sich den Schwarzwald hinauf. Baden-Baden, die Burg Hohenbaden sind allenfalls zu ahnen. Der Fermersberg hält seinen Gipfel beständig in der Wolkendecke — so jedenfalls sieht die Nebelschicht aus — man wähnt sich im Hochgebirge. 
     Auf dem Rückweg halte ich noch vor der GASTSTÄTTE inne. Sie besetzt recht genau den Platz eines weiteren ehemaligen Palasbaus. Ein historistisches Gebäude aus der Blütezeit der Burgenromantik, entstanden also um die vorletzte Jahrhundertwende —  ein Gebäu von sich einfügender, durchaus gelungener Machart. In seiner Verspieltheit setzt es gar einen lustigen Kontrast zur sonstigen Rohheit der Mauern und Türme.
     Die Yburg mag an Gebäuden oder baulichen Details nicht mehr viel besitzen, gerade im Vergleich zur benachbarten Burg Hohenbaden. Die Großzügigkeit der Anlage aber, die skurrilen Formen der Ruinen und schließlich der formidable Ausblick machen sie dennoch zu einer unbedingt sehenswerten Ruine.

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Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Burgruine und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Website www.bad-bad.de
4) Informationstafeln vor Ort


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