Zwischen Adelsheim und Mosbach gelegen, nahe vor allem zu Adelsheim, bin ich unzählige Male durch das langgezogene Dorf Oberschefflenz gefahren — als Kind mit den Großeltern, als Jugendlicher mit der Mutter und endlich mit dem eigenen PKW. Der Ort gefiel mir. Zuletzt wies Muttern immer wieder auf die Schönheit des Dorfes hin — es lag für einige Zeit auf ihrem Arbeitsweg.
So kam also der Zeitpunkt, dass ich nicht wie immer durchfuhr sondern Halt machte um die Häuserreihe entlang der HAUPTSTRASSE zu Fuß genauer unter die Lupe zu nehmen. Wie erwähnt ist Oberschefflenz ein ungewöhnlich langgestrecktes Dorf — gestreckt entlang jener Hauptstraße. Man findet hier ZWEI KIRCHEN aus grauem Naturstein — beide sind schön anzusehen. Erstere, ein wenig abgerückt, die ältere, zeigt ein barockes Schiff und einen neobarocken Kirchturm, den man einfühlsam im gleichen grauen Material ausführte. Zweitere kommt in romantischem Kleide, gefällig gewiss und um einiges auffallender als die barocke. Trotzdem gebe ich letzterer den Vorzug, ob ihres zurückhaltenden Charakters.
Dann die PROFANBAUTEN. (Ehemalige) Bauernhäuser natürlich, wobei die Scheunen nur selten an die Straße kommen. Die exponierte Stellung gehört den Wohngebäuden — exponiert freilich, aber kaum mehr die zu bevorzugende. Man findet eine relativ große Anzahl von FACHWERKHÄUSERN, welche allesamt eher funktionales, wenig verziertes Fachwerk vornehmlich des 18. und 19. Jahrhunderts zeigen. Die Gebäude sind durchgehend zurückhaltend, zum Teil auch nur von geringer Größe — Gebäudeschmuck hätte den Verhältnissen nicht entsprochen. Wir sehen darin nirgendwo einen Nachteil, vielmehr erfreuen wir uns an der Feingliedrigkeit und Komplexität der Konstruktion, die von selbst sehenswert. Diese sehenswerte Schlichtheit hat immer etwas Aufrichtiges.
Und dennoch, hindurchfahrend gefiel mir der Ort besser als nun durchschreitend — obgleich auch jener zweite Eindruck zweifellos ein angenehmer. Des Rätsels Lösung ist eine einfache, ja fast eine banale. Mögen hier auch zahlreiche Fachwerkbauten stehen, so gebricht es trotzdem an der Durchgängigkeit. Eine gleichfalls nicht geringe Anzahl gesichtsloser historischer Bauten sowie modernistischer Eindringlinge mogelt sich konsequent zwischen die beiden Hausreihen. Fährt man mit 40-50 Km/h durch die Ortschaft, so agieren die Fachwerkhäuser als Blickfänger, die die "gebauten Lücken" ob der Kürze des Momentes ohne weiteres überspielen. Hindurchfahrend hat man tatsächlich den Eindruck, das Dorf würde durchgehend aus Fachwerkhäusern bestehen. Dem ist aber nicht so, das bringt der Fußmarsch klar zu Tage. Ein lustiger Effekt, von dem im übrigen so manches Dorf zu profitieren vermag.
Weiteres, letztlich ärgerlicheres kommt hinzu. Die Straße ist vielbefahren, auch zahlreiche Lkw's brummen. Für die Anwohner alles, nur kein Vergnügen. Die einst exponierte Lage an der Straße, heute ist sie nur noch Nachteil! Auch dem Besucher gereicht die Situation nicht zur Freude. Kurzum, der Krach und die Abgase verleiden dem Autoren recht bald die Besichtigung. Auch das ein Nachteil, den man, eingereiht in die Rotte der Autofahrer, wo nicht gewahrt, so zumindest verdrängt ...
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