Das Städtchen Schiltach, fast ganz am Anfang des badischen Kinzigtales, welches, hier noch sehr eng, der Entwicklung des Ortes statt ebener Uferzone nur noch rasch ansteigende Talwände lassen wollte, das feine Schiltach wusste die widrigen Begebenheiten dennoch und aufs Vortrefflichste zu nutzen! Man erwuchs zu Füssen der hoch gelegenen gleichnamigen Burg, damit aber als Untertan der Geroldsecker, der Herzöge von Teck und der Herzöge von Urslingen, bis endlich im 14. Jahrhundert Burg wie Ort ans Haus Württemberg fielen. Dort verblieben sie dann über 400 Jahre. Bis eben Anfang des 19. Jahrhunderts, als der badische Staat im Zuge seiner Expansion in Besitz der Stadt gelangte, war Schiltach neben Hornberg und Sankt Georgen der wichtigste Ort innerhalb einer größeren württembergischen Besitzung, welche sich von der Kinzig über die Gutach bis hin zur Brigach erstreckte. Während im Verlaufe der Napoleonischen Neuordnung Süddeutschlands nur württembergischer Streubesitz zumeist in Gestalt kleinster Exklaven an das Großherzogtum Baden kam, wechselte mit diesem Anteil eine einzige größere Partie.
Von Schiltach schwebte mir ein alter Kupfer-Stich Matthäus Merians vor Augen, der als eine Besonderheit unter den ersten Werken des riesigen Oeuvres jenes berühmtesten aller Stadtbild-Zeichner. Aus der Mitte des 17. Jahrhunderts (1643) findet der Stich ein ergreifend` Fachwerk-Idyll, bergauf gestaffelt und bekrönt von einer Burganlage. Aber, Hand aufs Herz, nimmer rechnete ich mit der realen Sichtung dieses Prospektes. Das im 17. Jahrhundert schwer umkämpfte Kinzigtal, dazu die leichte Brennbarkeit einer Fachwerkstadt — das alleine verbot dergleichen Hoffnungen. So war mir vor allem die Burg eine Anziehungskraft, denn wo Fachwerkstädte leichtes Opfer einer feuerzüngelnden badischen Geschichte, trotzten die meterdicken Mauern der Burgen, erbaut häufig auf nichts als nacktem Fels, nur allzu gerne.
Das also die Vorstellungen, während ich Richtung Osten am beständig engeren Tal meine Freude nahm. Ein feines Schauspiel, hinter welchem man zuletzt eine Inszenierung vermeint, wie das Kinzigtal am Ausgange in die Rheinebene so weit beginnt und dann Kilometer um Kilometer immer schmäler wird, bis man am Ende fast in tiefster Schlucht. Dann, kurz vor Schiltach, ein Schild: Deutsche Fachwerkstraße. Welch' Überraschung! Jenes Schild nämlich wird nirgendwo leichtfertig vergeben, bedeutet vielmehr und ganz offiziell ein Gütezeichen. Langes Stutzen aber ward versagt, indes nämlich spross Schiltach längst schon in die Höhe — das alte Bild, das Fachwerkidyll, zu meiner großen Verwunderung, es lächelt dem Besucher noch heutigentags zu. Welch' Gewinn!
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