Das ehemalige Johanniter-Schloss zu Heitersheim, unweit — dabei südlich — Freiburg, liegt noch in der Rheinebene. Es nimmt sich aber schon die Hügellandschaft, jenes sanft geschwungene Vorgebirge des Schwarzwaldes vor Augen, dahinter entsprechend den hoch aufragenden breisgauischen Schwarzwald.
Nun war die Heitersheimer Dependenz nicht irgendeine des größten aller Ritterorden, vielmehr seit 1428 Sitz des Großpriorats "Deutscher Zunge" (klingt lustig — für heutige Ohren) und ab 1548 gar offizielles Fürstentum! Letzteres geschah aus der Hand Kaiser Karls V., welcher also den seinerzeitigen Großprior und Groß-Bailli von ganz Deutschland (eigentlich des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation), Georg Schilling von Canstatt in den Reichsfürstenstand rief — eine außerordentliche Ehrung, an welcher man zugleich die Bedeutung des Heitersheimer Schlosses ermessen mag.
Das Schloss selbst nahm in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts als Wasserburg seinen Ausgang. Anlass hierfür die Übergabe der Heitersheimer Besitzungen des Murbacher Klosters (im Elsass) und des Markgrafen Heinrich von Hachberg an die 1240 in Freiburg gegründete Johanniter-Kommende.
Die Veste wuchs und gedieh, sah aber gewiss recht ungläubig drein, als sie nämlich von 1524-25, also in den Tagen der Bauernkriege, gar zum Hauptquartier der okkupierenden breisgauischen Bauern auserkoren ward.
Wie allerorten schließlich die Bedeutung der Ritterorden mehr und mehr abnahm, so auch der Heitersheimer Stützpunkt. Zunächst geriet das Fürstentum unter Einfluss des den Breisgau als Vorderösterreich regierenden Hauses Habsburg. Dann, 1805, der finale Schlag, namentlich die Auflösung des Fürstentums, die Liquidation in das Großherzogtum Baden hinein.
Es sind Orte wie das Malteserschloss Heitersheim (wie man es zu nennen mehr und mehr angenommen hat), auch die freien Reichsstädte und zumeist die Klöster (denke man an St. Blasien oder St. Peter), die einem die badische Landnahme der napoleonischen Zeit ziemlich verleiden wollen. Mochte unter denselben auch niemand mehr in höchster Blüte gestanden haben, die profane, ersatzlose Schließung bedeutete denn doch enormen kulturellen Verlust (das zumindest muss wohl jeder zugeben — vom anderen, wichtigeren, schweigt der Autor hier). Vielleicht dachte der badische Hof zumindest im Falle von Heitersheim nicht ganz unähnlich, immerhin nämlich erhob dieser das Dorf Heitersheim nur fünf Jahre nach der Säkularisation zur Stadt.
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Gehen wir über zur Betrachtung der Schlossgebäude selbst, welche im übrigen heute im Besitz verschiedener Schwesternschaften, was also auf einfache wie dankenswerte Weise die Erinnerung an den Ursprung als Ordens-Schloss wach hält.
Das Schloss war mir durch den Kupferstich Merians (Mitte 17. Jahrhundert, siehe Seite 5) ein reizvoller Begriff: eine Anlage beträchtlicher Dimension, eine gewaltige Festung, abgesondert durch breiten Wassergraben, geschützt von schanzenartiger Umwallung.
Wäre mir der Stich wohl besser nicht unter die Augen kommen, denn mit diesem Bild im Geiste wurde mir die Besichtigung des heutigen Aussehens durchaus verleidet. Verstehe man den Autor bloß richtig, das jetzige Bild ist ohne weiteres ein wertvolles, ein schönes allzumal, das ungeteilte Beachtung verdient und endlich durch Größe und Komplexität noch jeden Besucher gewinnt.
Alleine mir zumindest war es, um mit den Worten Jesu zu sprechen "neuer Wein in alten Schläuchen". Das Schloss überstand die stürmischen Zeiten unter dem Strich recht gut, aber eben nur als Schloss und nicht als das, was es über Jahrhunderte auszeichnete, als wehrhaftes mittelalterliches Bollwerk. Ganz den Zeichen der Zeit folgend nämlich beliebte man das Schloss im 18. Jahrhundert zu barockisieren, was hier vor allem auch Schleifung der Befestigung bedeutete. Die Johanniter wollten im Gleichtakt mit den rein weltlichen und rein geistlichen Fürsten ein Schloss neuesten Stiles, gekürt durch prunkvollen, schmuckreichen Barock. Was jenen nun in den glücklichen Fällen durch neu ausgeführte Schlossbauten gelang, war den Heitersheimern freilich aus Kostengründen nicht möglich und so wollte man aus der Renaissance-Burg des 17. Jahrhunderts ein Barock-Schloss zaubern. Das freilich gelingt nie, eher, um nochmals Worte unseres Herrn zu bemühen, "eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr".
Barocke Schlösser nämlich sind immer langgestreckte Bauwerke, zumal durch ausgreifende Seitenflügel, welche die Natur in Gestalt von Parkanlagen oder aber ganze Stadtteile großzügig auf sich beziehen. Gerne auch beides: die Vorderseite nimmt sich die Stadt, die Rückseite eine Parkanlage. Barockisierte Burgen, wie unsere zu Heitersheim, dagegen tun wohl was sie können, was vor allem die Beseitigung der von der Umgebung trennenden Gräben und Wehrmauern bedeutet, die Anlage der weiter zu nutzenden Gebäude freilich können sie nicht ändern.
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Diese aber scharen sich vorher wie nachher dicht um einen mehr oder weniger engen Hof (rund, viereckig, polygonal), weshalb also die burgartige Abschottung trotz niedergelegter Befestigung billig verbleibt — und keineswegs die barocke Bezugnahme auf Stadt oder Natur sich einzustellen gedenkt.
Halte man den Autoren nicht für einen Militär-Romantiker! Die Schleifung der Befestigung wird einzig bedauert, weil sie untrennbarer Bestandteil des Schlosses, weil sie nicht ohne Schaden abteilbare Natur des Schlosses. Das Schloss mag ohne Schanzen, Wälle und Gräben wohl barockisiert sein, jedoch nur noch als ein Torso. Das Gebilde, das seither vor Augen ist kein eigentliches Barockschloss und auch keine wehrhafte Anlage mehr — es ist ein Zwittergebilde, das wohl beides bedient, keines jedoch wirklich zufrieden stellt. Damit aber genug der Kritik!
Das Heitersheimer Schloss besteht im wesentlichen aus zwei ungleich großen Höfen. Der größere, von einem Park ausgefüllt und ob seiner Dimension durchaus von großzügig-barocker Wirkung, gleichzeitig der Eingangshof. Er findet Säumung in Bauten verschiedener Epochen. Der vom zweiten Hof trennende Riegel, die meisten Fenster wurden später durchgebrochen, entstammt noch dem Mittelalter. Zumeist beeindruckend der Torturm, aus der Mitte steil aufragend. Überhaupt ist dieser Hof der Hof der Türme. Auch ein rein barocker Flügel, nach Süden begrenzend, zeigt einen Turm mit Durchgang. Die Gestaltung dieses Flügels, wiewohl für barocke Machart zurückhaltend, nimmt sich dennoch gutes Aussehen. Der mittelalterliche und der barocke Anteil gewinnen die Schönheit des großen Hofes. Der Rest nämlich, zumeist Historismus in neobarockem Gewande kann nur noch als räumliche Begrenzung gefallen. Immerhin findet man den nächsten Turm, welcher also als dritter im Bunde das Turmensemble beschließt. Alle übrigens mit (neo-)barocken Dächern, was die Türme aus drei verschiedenen Stilepochen lustig zusammenbindet.
Betreten wir nunmehr den zweiten Hof. Er der alte Burghof und damit — typisch für das Mittelalter — bestimmt von einem Raumgefühl der Enge — was sich allerdings im Kontrast zum vorherigen, großzügigen Ehrenhof ohne weiteres spannungsvoll ausnimmt. Am schönsten der große Hauptbau, dem bereits beschriebenen mittelalterlichen Turmflügel direkt gegenüber. Eigentlich ein glattes, wenig differenziertes Gebäude, aber durch eine manieristische Bemalung von großer Pracht.
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Die Rahmungen der Öffnungen zeigen noch Spätgotik und Renaissance, was freilich durch die effektheischende Bemalung leicht überdeckt. Die Bemalung nämlich konzentriert sich auf jene Öffnungen und legt die kunstvollsten Rahmungen, pilaster- und ornamentstrotzend um Fenster und Türen. Ein fesselndes Bild, welches neben der Kunstfertigkeit alleine schon ob der Seltenheit manieristischer Bemalungen (eines der wenigen anderen Beispiele Badens zeigt der Ladenburger Bischofspalast) viel Aufmerksamkeit verdient.
Beenden wir diese Betrachtung mit einem kurzen Blick noch in den Ort selbst. Obwohl sich Heitersheim seit fast 200 Jahren Stadt nennen darf (nur die Nazis degradierten kurzfristig nochmals zum Dorf), hat der Ort die Gestalt eines ungemein lang gestreckten Dorfes von typisch lockerer Bebauung. Obgleich die sehr alte Ansiedlung, welche das erste Mal bereits im Jahre 777 urkundlich genannt, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unattraktiv wie unförmig ausuferte — von alter Beschaulichkeit wie gediegener Schönheit also praktisch nichts mehr sichtbar ist, findet man dennoch zwei weitere erwähnenswerte Bauten.
Das erste ein altes Kloster der Franziskaner, ein größerer Langbau, noch mit zahlreichen wertvollen Details im Stil der Renaissance. Und noch schöner und für jene Bauepoche kennzeichnend ein Treppenturm als eigener Baukörper, welcher dem Hauptbau vorangestellt. In dieser Formensprache wirkt das Gebäude lustig beinahe wie ein Ableger des benachbarten Schlosses.
Das wuchtige Gebäu bildet außerdem ein schönes Ensemble mit dem zweiten Bauwerk, einer klassizistischen Kirche von 1827 in kraftvoller Weinbrenner-Manier, welche einen mittelalterlichen Vorgängerbau ersetzte. Der Freiburger Christoph Arnold, einer der ersten Weinbrenner-Schüler, lieferte der Pfarrkirche Sankt Bartholomäus den Entwurf. Er zeigt die für diesen Stil typische Grundordnung der Überschneidung der beiden Baukörper Turm und Schiff auf der Schmalseite des Eingangs. Was der Originalität gewisser Eintrag ist die übermäßige Nähe zum gleichfalls von Arnold herrührenden Gotteshaus in Freiburg-Zähringen.
Erwähnenswert endlich die freigelegten Grundmauern der großen römischen Villa Rustica in unmittelbarer Nähe des Schlosses. Werfe man von hier aus nochmals einen Blick zum alten Malteserschloss. Mag man ihm auch wichtiges genommen haben, alleine seine Größe und die verbliebene oder barock-aufgepeppte Schönheit erzählen noch immer von der einstigen Bedeutung.
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Quellen 1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Ort und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Website www.heitersheim.de
4) örtliche Informationstafeln
5) Kupferstich und Stadtbeschreibung Matthäus Merians aus "Topographia Alsatia"
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