Baukunst in Baden
  Frauenalb (Abtei)
 

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Das ehemalige Kloster von Frauenalb nimmt sich im engen Albtal ausgesprochen reizvoll aus. Die vielen Mauern aus rotem Sandstein standen in aufleuchtendem Komplementärkontrast zum umgebenden dichten Grün des Hochsommers. Und dazu die eckigen, harten Ruinen in entschiedenem Kontra zu den runden und weichen Wipfeln. Ein Konzert klassischer Musik hatte sich angesagt, letzte vereinzelte und kaum koordinierte Proben irrten durch die Anlage. Im ganzen eine ergreifende Wirkung.
     Nach Aufhebung der Benediktinerinnen-Abtei in der badischen Säkularisationswelle zu Beginn des 19. Jahrhunderts nahm die Anlage durch Brände schnell Schaden und liegt im wesentlichen seit 1852 in dem ruinösen Zustand, den man heute vor sich hat. Sie macht einen ausgesprochen gepflegten und liebevoll umsorgten Eindruck, welchen man in erster Linie den Erhaltungsarbeiten einer 1960 zu diesem Behufe ins Leben gerufenen Stiftung zu verdanken hat.
     Je länger ich durch die wenig regelmäßige und dadurch umso lebendigere Anlage meinen Weg nahm, desto merkwürdiger erschien sie mir. Tatsächlich macht die Zerstörung einen markanten, fast gezielten Eindruck. Einige Gebäude sind noch ganz erhalten, die wunderbare Klosterkirche kann sich immerhin noch auf beinahe unzerstörte Umfassungsmauern berufen (nur das Dach und das Innere existieren nicht mehr) und wiederum andere Partien der Anlage (Konvent) sind beinahe vollständig ruinös. Das ganze wirkt, als wäre eine riesenhafte Hand mit einem Streich schräg von oben kommend über die Anlage gefahren — dabei die ersten Gebäude (u.a. das Abteigebäude) gar nicht erwischend, von der Kirche das Dach abschlagend und die hintere Partie des Konvents voll treffend. Eine im Verlaufe der letzten beiden Jahrhunderte beständig abnehmende Zahl unzugänglicher Protestanten würde hinter solcher Beschreibung wohl die Hand eines zornigen Gottes vermuten. Aber so war es natürlich nicht. Vielmehr zeichnete jene sorgsam verborgene Intoleranz, überdeckt von modischen aufklärerischen Gedankenspielen und erstarrten protestantischen Lehrsätzen für die Aufhebung der Abtei die Verantwortung. Die alte Schlange der Intoleranz versteckt im Gedankendickicht ungeprüfter neuer Ideen und kaum mehr hinterfragter alter Absichten. Das Ergebnis der Säkularisierung Anfang des 19. Jahrhunderts: man gab sich nicht mit der Konfiszierung allen Besitzes zufrieden, was "nur" einfacher Raub gewesen wäre, man verscheuchte auch noch die wenigen Nonnen. Peinlich!

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Leider stand im Falle dieser Abtei keine Gemeinde bereit um zumindest das Gotteshaus weiter zu nutzen, dafür gab es zu wenig Ansiedlung um das Kloster — und so nahm die begonnene Achtlosigkeit ihren Lauf. Wider Napoleon bald Lazarett (hier hätte sich so mancher auf den Tod Zugehende sicher den Beistand lebensgewisser Nonnen gewünscht) und im anschließenden Frieden Brauerei (eine weitere Heldentat, welche immerhin die Banalität bestens ins Licht rückt). Mitte des 19. Jahrhunderts hatte man das Werk endlich vollbracht, halbzerfallen überließ man die Anlage ihrem Schicksal.
     Der Autor bedurfte denn einiger Zeit um diese trüben Gedanken zu verscheuchen. Das lebendige Gewimmel eintreffender Konzertbesucher und der strahlende Sonnenschein aber schafften's schließlich. Das Bizarre der Ruinen löste sich mehr und mehr von seiner Historie. Die schönste Partie der Anlage ist eindeutig die zentrale DOPPELTURM-KIRCHE mit ihrer prächtigen barocken Eingangsfassade, entworfen vom Vorarlberger Peter Thumb.
Ein typisches Beispiel für das Vorarlberger Münsterschema und damit beinahe identisch mit der Kirche des Klosters Sankt Peter im Schwarzwald. Kaum mehr als der in diesem Fall eingesetzte Verputz unterscheidet von der Variante im tiefen Schwarzwald. Ungewohnt, im Falle solch exponierter Gebäude auf fast exakte Wiederholungen zu treffen — ein ausgesprochen merkwürdiger Effekt, der sich freilich nur einstellen kann wenn man ihre Abbildungen gegeneinander abwägt. 
     Die beiden im Albtal hoch aufragenden Türme, deren einstige typische Zwiebeldächer leider abgegangen und durch einfachste niedrige Zeltdächer ersetzt sind, gelten als weithin sichtbares Wahrzeichen der Anlage. Der Fassadenabschnitt zwischen den Türmen, den Haupteingang bereitend, gefällt durch seine großen Öffnungen, reichlichen Pilaster-Einsatz und den geschweiften Giebel. Die Fassaden des Kirchenschiffes hingegen kommen ausgesprochen zurückhaltend. Das Fehlen des im Laufe der Zeit abgefallenen Fassadenputzes aber vermehrt den Reiz, indem das freigelegte harte und unregelmäßige Bruchstein-Mauerwerk in Kontrast mit den fein gearbeiteten Rundbogen-Öffnungen.

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Auch die anderen (erhaltenen oder ruinösen) Gebäude zeigen vor allem einen zurückhaltenden barocken Stil. Das umgreifende KONVENTGEBÄUDE mit seinen drei Flügeln (mit der Kirche also ein geschlossenes Viereck ausbildend) wurde zum Teil auch von Thumb, vor allem aber von dessen nicht weniger geschickten wie berühmten Landsmann Franz Beer (der im übrigen auch sein Schwiegervater war) ab 1696 in Gestalt gebracht. Man verdankt das Aussehen insgesamt also der bekannten Vorarlberger Schule, welche vor allem in Person unseres Thumb in den Ländern des späteren Baden zahlreiche Klöster neu entwarf oder zumindest umbaute.
     Das Kloster Frauenalb zeitigt zwar eine lange Geschichte, die 1180/1185 mit der Stiftung durch Graf Eberhard III. von Eberstein und seiner Mutter Uta von Schauenburg anhebt, erhielt aber, wie so häufig mit Beginn des 18. Jahrhunderts zu beobachten, ein seinerzeit modernes, eben barockes Gepräge. Immerhin tritt uns beim unversehrten ABTEI-GEBÄUDE (direkt neben der Vorderseite der Kirche) noch sichtbar ältere Substanz entgegen, namentlich in der Gestalt von Fensterrahmungen im Stil der Renaissance, welche wiederum in zurückhaltender Ausführung.
     Der ehemalige KLOSTERGARTEN, heute eher einem Park gleichend, mit dem auch gut erhaltenen und auffällig situierten (weil weiter bergauf liegenden) HAUPT-PAVILLON darf leider nicht betreten werden. In privaten Händen als Wohnsitz dienend, hält neben der Ummauerung/Umzäunung ein aufmerksamer Wachhund fern. Ein letzter Wermutstropfen.


Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Kloster und Landschaft
2) Dr. Emil Lacroix und Dr. Heinrich Niester  "Kunstwanderungen in Baden", Chr. Belser Verlag Stuttgart, Ausgabe 1959
3) Website 
www.la-bw.de/kloester-bw
4) örtliche Informationstafel


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